Walle, walle

Man sei, teilt der Zettel im Briefkasten mit, von meiner Hausverwaltung beauftragt, eine Leckageortung durchzufĂŒhren und benötige daher heute von 08:00 bis 14:00 Uhr stĂ€ndigen Zugang zu meiner sowie allen anderen Wohnung darĂŒber und darunter. Sollte ich nicht vor Ort sein, so möge ich doch bitte einem Nachbarn/Bekannten oder Verwandten den SchlĂŒssel geben, sodass die Wohnungen in diesem Zeitraum immer zur VerfĂŒgung stehen tĂ€ten.

Wenn bei mir schon fremde MĂ€nner auftauchen, um Leckagen zu orten, dann bin ich doch lieber selbst in der NĂ€he, also rufe ich einen Homeofficetag aus. Wie immer telefoniere ich viel und als mich der dritte HunsrĂŒcker Kollege darauf anspricht, dass die Whiskey-Flasche auf dem RegĂ€lchen im Hintergrund ja immer noch nicht angebrochen sei, nehme ich a) der Kollegen Adleraugen zur Kenntnis (es sind ja doch sehr viele JĂ€ger dort) und b) mir vor, mich zukĂŒnftig ans andere Tischende zu setzen oder mindestens die Flasche vor dem nĂ€chsten Heimarbeitstag aus dem Sichtbereich zu rĂ€umen. Ansonsten passiert nichts. Keiner kommt, keiner ortet.

Gegen Mittag klingelt einer, aber nur, um Bescheid zu geben, dass man noch im ersten Stock zugange und nicht sicher sei, ob man es heute noch zu mir “nauf” schaffe. WĂ€hrend ich noch darĂŒber nachdenke, dass ich gar nicht so gerne auf meinem KĂŒchenstuhl mit zusammengekniffenen Augen vor einem 14″-Monitor sitze, dass ich das zwingend zeitnah wiederholen mĂŒĂŸte, klingelt es wieder. Er mĂŒsse, sagt der Mann, jetzt in mein Bad. Okay, das ist einer der RĂ€ume in meiner Wohnung, wo es Wasserleitungen gibt, das klingt sinnig. Dann lĂ€ĂŸt er die Badewanne voll heißes Wasser laufen und ich cringe (Jugendwort des Jahres) innerlich schon sehr ob dieser Wasservergeudung. Das macht er mit dem Waschbecken noch mal, spĂŒlt die Toilette ein paar Mal nacheinander und lĂ€ĂŸt dann das SpĂŒlbecken in der KĂŒche vollaufen. WasserdĂ€mpfe wabern durch die ganze Wohnung, ich denke mir meinen Zauberlehrling und ziehe meine Strickjacke aus. So warm war’s hier noch nie zu dieser Jahreszeit.

Der Herr zieht von dannen, mit der Mission, “den 6. und den 4. Stock zu fĂŒllen”. Als er nach eine Stunde wiederkommt, ist er sehr niedergeschlagen. Keine Leckage, nirgends. Mir tut es fast leid, dass ich nicht einmal ein winziges Löchlein zu bieten habe, ist aber so.

Circa zwei Stunden spÀter bricht ein minutenlang anhaltendes Stöhngurgelsprotzelseufzen durch alle WÀnde sowie Mark und Knochen. So klingt ein Haus, wenn es die lÀstigen Orter los ist und endlich sein Wasser nicht mehr halten muss.

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