Wie der Name schon vermuten läßt (und der Bühnenaufbau über die ganze Breite des Zuschauerraums mit drei Türen und einem Extrazuziehvorhangkabinett bestätigt): es handelt sich um eine Boulevardkomödie.
Regisseur Bastian Kraft hat, wie schon in seiner “Lulu”-Inszenierung aus dem vergangenen Jahr (s. https://flockblog.de/?p=42701) wieder ein Stück ausgewählt, das in seiner Zeit angetreten war, das bürgerlich-konservative Abonnements-Publikum zu provozieren und zu schockieren. Beim Butler waren das die ausgehenden Sechziger Jahre und es ist erschreckend, wieviel davon heute noch funktioniert und erfreulich, was inzwischen nicht mehr geht. Eine Besetzungscouch zum Beispiel, also klar ausgedrückt die Vergewaltigung der jungen Naiven zur Bespaßung anderer, wird seit #Metoo noch nicht mal mehr vom letzten Machoman im Publikum als komisch wahrgenommen. Auch beim Mißbrauch einer minderjährigen Klosterschülerinnenklasse durch einen Sexbesessenen blieb es im Publikum eher ruhig.
Wie? Ach so, ich sollte vielleicht erst mal erwähnen, dass der Butler in einer typischen “Kommt ‘ne Frau zum Arzt”-Psychologen-Praxis spielt und alle Spielarten menschlicher Sexualität vorkommen. Ein großes Verwirrspiel schon allein dadurch, dass Regisseur Kraft, wie schon in der “Lulu”, die Männerrollen mit Frauen besetzt und umgekehrt – ein tolleres Weib als Florian von Manteuffels Doktorengattin hat die Welt noch nicht oft gesehen. Ihm ein tiefempfundenes Triple-Hach!, was hatte ich an diesem Geschöpf Spaß!
Den Doktor, der doch nur ein bißchen Männerspaß mit seiner neuen Sprechstundenhilfe haben wollte und sich nun zunehmend mehr in seine Lügengeschichte verstrickt, gibt Juliane Köhler sehr überzeugend, seinen Chef, den wahnsinnigen Freudianer (alles, alles ist eine Zigarre und Nein heißt bei einer Frau immer Ja) spielt im Dreiteiler mit Wampe und Glatze sowie alle an die Wand Charlotte Schwab. Das dumme Blondchen ist Christian Erdt. Manchmal ein bißchen zu verhascherlt und verhuscht, aber ich fürchte, das liegt mehr an der Rolle als am schauspielerischen Können. Antonia Münchow spielt einen ganz herrlichen Kleinkriminiellen (eigentlich Hotelpage mit Pillboxdeckelhütchen und Uniform) und den dummen Polizisten mit der Kasperltheateruniform darf Cathrin Störmer rampensauen. Was sie im übrigen alle tun und das zu Recht. Da werden Klamotten und Geschlechter getauscht, Schnittblumen malträtiert, Drogen in großen Dosen konsumiert, steile Brüste in den Raum gestellt und mit Penen geschlackert, wie nur geschlackert werden kann. Ich glaube, das ging so ganz und gar schamlos und -befreit, weil alle Körperkostüme trugen und keiner wirklich je entblößt war.
Bei der hochalbernen Auflösung am Ende blieb gar kein Auge trocken – danach ging nur noch Himmelfahrt. Wer jetzt Rocky Horror Picture Show denkt, hat die Hommage verstanden.
Nein, ein Butler kam nicht vor. Warum?