Kollegen & Kulinarik

Die eine, Nicht-Mehr-Millennial-Noch-Nicht-Gen-Z, versucht zum umpfzigsten Mal, mich für ein Abo von “Hello Fresh” zu gewinnen. Großartig sei das, schwärmt sie. Alles, was man für ein Rezept benötige, bringe einem der Bote in einem Karton nach Hause. Seien zum Beispiel zwei Gramm eines Gewürzes vorgesehen, erhalte man genau diese zwei Gramm und habe hinterher nicht etwa Restgewürz herumstehen. Und alles schmecke immer gleich.

Habe dankend abgelehnt und dem Kinde nicht erklärt, dass ihr letztes Argument mich endgültig davon überzeugt hat, doch weiter selber zu kochen. Was ist das denn für eine Kulinarik, wo ich in der Vorwoche schon wissen muss, auf was ich nächsten Mittwoch Lust habe? Mit Mahlzeiten, die immer gleich schmecken sollen? Wenn man nicht mal noch dies oder das im Kühlschrank findet und dann rumprobiert? Sich den Spaß entgehen lassen muss, beim Einkaufen neue Lebensmittel zu entdecken und ins eigene Küchenrepertoire mit aufzunehmen? (Shoe-Shopping hingegen ist Folter, das sieht sie aber nicht so.) Dass ich letztes Wochenende in meiner Küche ein Zusatzgewürzregal aufgehängt habe, weil das bisherige hinten und vorne nicht mehr reichte, das habe ich ihr lieber ganz verschwiegen…

Dann ist da noch der andere, der gleichaltrige Kollege, der mir am Tag nach meiner Ankunft stolz eine Schale Walnüsse “von deinem Lieblingsbaum” kredenzte. (Ich hatte im vorletzten Jahr, als Reisen in den Hunsrück noch normal war, eine Auswahl von drei verschiedenen Bäumen verkostet.) Garniert war sie mit einer Kollektion Peperoni in den Schärfegraden von “geht noch” bis “bloß nicht ohne Handschuhe berühren”, “weil du doch so gerne experimentierst” sowie der “wirklich allerletzten Tomate aus eigener Zucht für dieses Jahr”. Hach! Ein Mann nach meinem Geschmack, aber leider schon in jungen Jahren vergeben. “Ich habe nicht nur meine Frau, sondern auch siebzig Obstbäume geheiratet.”

Ja, und da ist noch der Kollege, der, wie er selbst sagt, “erblich belastet” ist und dessen Familie schon in der vierten Generation Obstbrände herstellt. In der Kollektion von Mirabelle, Apfel, Zwetschge und Birne war letztere die Allerallerbeste und ich bin ihm sehr zu Dank verpflichtet, dass ich von den streng gehüteten letzten beiden Birnenflaschen mein Urteil mehrfach hinterfragen und bestätigen durfte.

Falls wer fragt: Nein, die saufen da im Hunsrück nicht schon tagsüber. Der gute Mann, ach was, der sehr gute Mann hatte ein paar Flaschen zum Betriebsfest mitgebracht.

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