Dienstag, High Noon im Stäblibad. Heute turnt Carola vor. Carola ist nicht mehr die Jüngste und war ganz gewiß nie die Schlankste und sieht daher von ekstatischem Rumgehample und -gespringe ab. Stattdessen arbeitet sie sehr aufmerksam, fast möchte ich sagen achtsam (wenn mir nur diese Reha-Trulla dieses Wort nicht so dermaßen verdorben hätte), sehr kleinteilig. Jedes arthritische Knöchelchen kommt mehrfach dran. Die Zielgruppe kann sich glücklich schätzen, jemanden wie Carola zu haben. Ich mag Carola.
Müßig zu sagen, dass der Stammtisch der Bösen Wasserweiber vollkommen anderer Ansicht ist. Sie hassen Carola. Und was tun sie? Statt a) entweder mitzumachen oder b) es halt sein zu lassen, entscheiden sie sich für Variante c). Stellen sich zu fünft mit verschränkten Armen in einer Reihe ganz hinten auf, kurz vor der Linie, wo das Nichtschwimmerbecken endet und der Boden abschüssig wird und sind dagegen. Mit erhobenen Stimmen tun sie einander kund, wie blöd sie diese und wie schwachsinnig sie jene Übung findet. Und das Schwimmbad tut, was ein Schwimmbad tut und trägt den Schall. Nach vorne, da wo Carola ganz sicher jedes Wort mitbekommen muß und Boney M kaum mehr eine Chance haben, den Takt zu halten. Man meint förmlich zu sehen, wie gelbe Giftschwaden durch die ohnehin schon chlorgeschwängerte Luft ziehen.
Ungefähr zur Halbzeit bläst die Rädelsführerin zum Abzug unter Protest und sie verlassen laut, sehr laut, das Becken, um für den Rest der Stunde am Rand zu stehen, und alle anderen, die das Programm nicht ungern mitmachen, mit verkniffenen Gesichtern zu beobachten. Fühlt sich an, als hätten sie vor, später bestmögliche Beschreibungen für den Polizeizeichner abgeben zu wollen. Was müssen diese bösen Weiber für armselige Leben führen, wenn ihnen so ein beschissenes Mobbingverhalten Erfüllung bietet? Die arme Carola, die denen ins Fadenkreuz geraten ist.
Lieber Gott, ich brauche sonst nichts, aber bitte, lass mich nie so werden. Danke, Amen and Out.