Bento und das, was diese Redaktion unter Journalismus versteht, üben auf mich eine unwiderstehliche Faszination aus. Die Art Faszination, die einen bei allem Ekel dazu zwingt, ein zu Matsch überfahrenes Tier auf der Straße doch anzustarren. Vollkommen unkontrollierbar wird der Reflex bei mir immer dann, wenn Bento meint, etwas zu Literatur zu sagen zu haben. Aufmerksame LeserInnen wissen, dass ich mich an dieser Clickbait-Masche schon einmal abgearbeitet habe (s. https://flockblog.de/?p=32018), aber das reicht scheints nicht. Die Dummschreiberlinge bei dem Haufen hören einfach nicht auf mit dem Scheiß! Mensch!
In Bentos Widdewiddewelt liest der Mensch (= Millennial) nur im Winter. Sommer ist anderen Aktivitäten vorbehalten. Ibiza, Schirmchendrinks, Tinder. Was weiß ich? Offenbar sich selbst als Referenzgröße nehmend, geht die Redaktion davon aus, dass der/die Mitmillennial über den Sommeraktivitäten vergißt, was er/sie letzten Winter getan hat. Macht nichts, die Autorin erklärt: Ciao, Netflix! Laptop zuklappen, Tee kochen, Lesebrille aufsetzen, unter die Decke kriechen, Handy weglegen – und abtauchen.
Es gibt, sagt Bento, sieben mögliche Lesekategorien.
So, wie soll dein Herzbl…, äh Buch denn sein? Hmmm? Mitreißend. Aha. So wie dieses? Das wohlgestaltete Cover ihres Debütromans “Und es schmilzt” beweist, dass der Verlag an das Buch geglaubt hat. Zu Recht, denn irgendwo zwischen Krimi und Coming-of-Age-Geschichte liegend wurde es ein Bestseller in den Niederlanden und in Belgien, der Heimat der Autorin. Ihr Buch macht nicht froh, aber froh, es gelesen zu haben.
Was haben wir bisher gelernt, liebe/r Millennial? Genau, richtig. Unbedingt auf Äußerlichkeiten achten. “Judge a book by its cover”. Und? Ja, dahinten in der letzten Reihe? Ja, auch richtig. Wenn du Literaturkritikerin bei Bento wirst, brauchst du keine Interpunktion. Übriggebliebene Kommata nimmt die Altkleidersammlung gerne.
Was erwartest du sonst noch, wenn dein Laptop mal zu ist? Beeindruckend soll das Werk sein? Dann empfiehlt die Dame von Bento über die Frauen hinter der Express-Emanzipation, die sich in Ruanda […] ereignet hat zu lesen.
Meine Fresse. In Afrika hat sich eine Emanzipation ereignet. Ui je! Wenn dir das gefällt, und du diesen Winter noch Zeit für ein Zweitbuch hast, wie wäre es dann mit Schriften über andere Naturkatastrophen, wie “Der Sturm” von William Shakespeare oder “Die letzten Tage von Pompeji”?
Emotional willst du? Dann mußt du einen Regelverstoß begehen und noch einmal den Rechner aufklappen und erst den Film gucken, dann das Buch lesen, denn dann hat man beim Lesen die wunderschönen Gesichter [aus dem Film] vor Augen und braucht nicht etwa die eigene Phantasie zu bemühen. Die Bento-“Literaturkritikerin” (die Berufsbezeichnung geht nicht ohne Anführungszeichen) muß vor Abschluß ihrer Buchbesprechnung erst mal in eine Tüte atmen, hey, es geht schließlich um Begehren, das so groß ist, dass sogar Pfirsiche penetriert werden.
Nimm dir einen Fruchtzwerg. Für zum essen, ey!
Wieder bei Kräften, Süße? Gut so. Wir kommen nun zur Kategorie Spannend. Bento ist ausnahmsweise konventionell und empfiehlt einen Thriller.
Macht jeder. Keines Kommentares würdig.
Als nächstes wirds Interessant. Warum sie dir dieses Buch ans Herz legt? Isdochganzeinfach, als der Vorgänger veröffentlicht wurde, sah man damit mindestens drei Personen pro Tag in den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Also wenn das nicht als Argument reicht, das nächste Werk desselben Autors zu kaufen? Reicht nicht? Dann gildet aber doch bestimmt, dass er leicht ironisch und leicht verdaulich plaudernd schreibt. Herrjemineh!
Inzwischen sind wir bei Releveant angekommen. Was ist das? Eine Zukunftsvision […], die je nach Blickwinkel Utopie oder Dystopie ist.
Ich empfehle hierzu die Lektüre der flockblog-Rezension aus dem letzten Frühjahr: https://flockblog.de/?p=35415.
Was bleibt? Mensch, Millennial, lach doch mal, jetzt wirds Amüsant. Und worüber lachen wir? Über ein Bilderbuch. Zugegeben, viel zu lesen gibt’s hier nicht, dafür tausende Fotos von Menschen aus aller Welt zu sehen.
Endlich! Darauf haben wir gewartet. Ein Coffeetable-Book für mit Lesebrille und Tee unter der Kuscheldecke.
Falls wer bei Roadkill auch nicht wegsehen kann oder gar wissen will, welche Bücher besprochen wurden, hier der Weg zum Originalartikel:
Vielleicht kann mir jemand helfen zu verstehen, was die Autorin des Artikels bewogen haben könnte, manche Passagen hervorzuheben und warum ausgerechnet diese.