Spatzl, schau

In der fortgeschrittenen Phase meiner Rekonvaleszenz, als ich über die Kinderfilme so langsam doch hinaus war, habe ich festgestellt, dass zwar lang noch nicht alles wieder geht, aber a bisserl was immer und dann hat freundlicherweise die für Zitaterkennung zuständige Synapse geschaltet und wir haben nachgeschaut, wie und wo Dietl-Serien laufen und herausgefunden, dass Amazon Prime den Monaco Franze grad do hod.

Nach meiner empirischen Versuchsreihe (1 Probandin, 1-2 Folgen pro Tag, dazwischen auch mal ein Schläfchen, alles sehr sutje) kann ich die Heilwirkung von Nostalgie nur als “mindestens immens” bezeichnen. Das München vom Monaco Franze ist mein München, so wie ich es als hoffnungsfrohes schwäbisches Erstsemester der Theaterwissenschaften an der LMU hassen- und liebengelernt habe. Ruppige Bedienungen beim Atzinger (“des Brot wird fei extra bonniert”), ruppige Marktfrauen auf dem Elisabethmarkt (“schleich di, Saupreiß, japanischer”), ruppige Vermieter (“nein, des is ned der Wandschrank, des is ihr kleines Paradies (8 Quadratmeter, Klo aufm Gang) und wenn Sie’s für 300 Mark kalt nicht wollen, dann geb ichs dem nächsten in der Schlange”), die CSU mit einer dermaßen festzementierten absoluten Mehrheit, der Kiesl OB, der Gauweiler Kreisverwaltungsreferent, Schwarze Sheriffs, diese gräßliche bayerische Mia-san-mia-Behäbigkeit, ein Bayerischer Rundfunk, der sich ab und zu aus ARD-Ausstrahlungen ausklinkte, die man dann kurz darauf im ARRI-Kino erst recht anschaute, aber auch der erste “Sommer in der Stadt*” (danke, Günther Sigl), Biergärten, Biergärten, Biergärten, statt in der muffigen Uni das Seminar am Eisbach halten und danach alle inklusive Dozent ins Wasser springen und treiben lassen, Theater in Kellern und Hinterhöfen, Kabarett im “Wirtshaus am Hart” ganz weit draußen, die Alabamahallte (Live aus dem Alabama), Anarchie in Milbertshofen (den Namen des Schuppens hat die Synapse auch nach langem Suchen nicht gefunden, den reiche ich nach). Ich war mit diesem so widersprüchlichen München nie im Reinen und zwei Jahre lang immer auf dem Absprung nach Berlin, in eine “richtige” Stadt. Irgendwie war nie der richtige Zeitpunkt für den Wechsel an die Spree und irgendwann, es muß gegen Ende meines Studiums gewesen sein, haben wir uns dann doch miteinander versöhnt, München und ich. Zu unser beider Überraschung, glaube ich. Weil halt München auch nicht Lüftlmalereiweißblau-Bayern ist, sondern (war das von Fanny zu Reventlow?) ein Zustand. Klischee, ich weiß, aber was will frau machen?

Und jetzt schau ich den Monaco Franze (unvergessen und idealbesetzt: Helmut Fischer) und schon die Farben sind alt und anders als die heutigen, aber ich kenn einen jeden Schauspieler und eine jede Schauspielerin und denk mir, “mei, Ruth, das war das Jahr, als du im Schlachthof als Wirtin eingezogen bist” und was für einen göttlichen Strizzi der Wolfgang Fierek gespielt hat und was für eine herrliche Nervensäge die Schneebergerin und wieviel Spaß die schöne Christine Kaufmann an ihrer bebrillten zahnspangerten Graumaus gehabt haben muß und der unübertroffene Karl Obermayr und die Michaela May und die Olivia Pascal und wie unglaublich jung die alle mal waren und wie wahnsinnig normal, zahnluckert, mit unebenen Teints (bis auf Ruth Maria Kubitschek, die war einfach nur schön), seltsamen Haaren und altersgerechten Körperformen – und dann denk ich mir, es ist gut, dass München und ich uns jetzt vertragen und ich wo hab, wo ich daheim bin. Und dass dieses Daheimsein ganz arg viel damit zu tun hat, dass wir eine gemeinsame Vergangenheit haben.

Ach ja, man kann den Monaco Franze auch anschauen, wenn man gesund ist. Der Dietl war nämlich wirklich ein Guter!

 

* https://www.youtube.com/watch?v=R0GiizOtf1Y (auch wenn die Jungs ein bißchen sehr nach Agro Grünwald aussehen, aber hey, s’is wieda Sommer.)

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