Feels like… Umzug

Wie es im Münchener Mietwohnungsmarkt üblich ist, hatte mein Vormieter zur Bedingung gestellt, dass ich das eine oder andere Stück Mobiliar in der Wohnung ablöse, also ihm den Umzugsaufwand erspare und abkaufe, und mit den meisten Dingen war ich einverstanden und zufrieden (eine fertig eingebaute neuwertige Küche ist eine fertig eingebaute neuwertige Küche, ein fertig aufgebauter Kleiderschrank an der dafür einzig möglichen Wand im Schlafzimmer ist ein fertig aufgebauter Kleiderschrank an der dafür einzig möglichen Wand im Schlafzimmer usw.). Auch wenn ich vielleicht, vor die Wahl gestellt, eine andere Farbe, ein anderes Modell oder einen besseren Herd oder so ausgesucht hätte, der Umstand, dass ich mich nicht mit Fahrten zum Möbelmarkt und dem Druck herumschlagen mußte, irgendetwas auszusuchen, darauf zu warten und es aufzubauen, machte die mangelnde Wahl mehr als wett.

Nach nunmehr zwei Jahren begannen mich die ungeliebteren Teile aus der Ablösemasse doch mehr und mehr zu stören und ich fing an, mich nach Ersatz umzusehen. Vorgabe war kleiner, luftiger und weniger wuchtig, dafür vielleicht nicht ganz so billigstikeaklapprig, neu hingegen war schon wegen Nachhaltigkeit & Ökologie nicht Bedingung. Ach was, whom am I kidding: Nachhaltigkeit & Ökologie sind voll wichtig, doch in meiner DNA fehlt vollkommen die Freude am Bummel (Quatsch, das ist Schwerstarbeit) durch Möbelhäuser, noch dazu im Plural, und ich mag auch nicht messen, vergleichen, aussuchen und ganz und besonders habe ich kein Talent, Möbel aufzubauen. Ich schreibe gerne einen blogpost über den Inbusschlüssel an sich (s. https://flockblog.de/?p=29781), aber in die Hand nehmen tue ich ihn eher ungern. Und der Charme bei gebrauchten Möbeln liegt ja doch sehr darin, dass die Zusammenbauerei schon mal wer übernommen hat (und die Verkäufer eher ungern demontieren).

Ich weiß nicht, ob ich so schnell aktiv geworden wäre, wenn nicht die Oma von Freunden im letzten Herbst gestorben wäre und ich nicht, quasi im Lifestream, an all den Anekdoten im Zusammenhang mit der Auflösung ihres Haushalts beteiligt gewesen wäre. Schränkeweise Bettwäsche, Handtücher, Klamotten, auch solche, die vor 50 Jahren der letzte Schrei waren, Schmuck, Gläser, Geschirr, Töpfe, Pfannen, Kochlöffel, Photoalben, Briefe, Möbel, Zeugs sowie Kruscht; ein ganzes Familienleben über drei Etagen + Garage(n) auszuräumen und irgendwie sinnvoll unter Menschen zu bringen. Und ins Leben der Erben treten Nepper, Schlepper, Bauernfänger, Lüger und Betrüger, Menschen, die für ein Paar Salz- und Pfefferstreuer ein Vermögen bezahlen und andere, die bei günstigsten Preisen um immer noch mehr Nachlass feilschen. Welche, die mit der S-Bahn eine Stunde Fahrt (einfache Strecke) in Kauf nehmen, um mit Tränen der Dankbarkeit in den Augen irgendein Kleinteil zu erstehen, andere, die die halbe Einrichtung brauchen können und bestellen und dann nie auftauchen. Profis von karitativen Einrichtungen, die jeden Euphemismus von “Haushaltsauflösung” bis “Nostalgieverkauf” in den Mund nehmen, um den Begriff “Todesfall in der Familie” zu vermeiden und zum Schluß gibt es zu jedem Schnapsglasl eine Geschichte und… wo war ich stehengeblieben?

Ach ja, ich weiß wieder: Mir ist eine inhärente Neigung zum, wie ich es zu nennen beliebe, pragmatischen Provisorium (ist schon mal da, steht, wo es steht und genügt seinem Zweck) eigen, andere würden es vielleicht Lethargie nennen oder Faulheit und beides wäre auch nicht falsch und es bedurfte dieser Geschichten und einer freundlichen Ermahnung (“hast du nicht gesagt, dass du…?”), bis ich ganz von selbst auf die Idee kam, mir das eine oder andere Oma-Möbel auszusuchen. Fertig.

Ach was. Vor den Einzug der Möbel bei mir hatten die Götter die Logistik gesetzt (“bring die Dinger von hier nach da”) und die erwies sich als erstaunlich aufwendig, vor allem, weil ich vermeiden wollte, dass die Transportkosten den Preis der Möbel um das Mehrfache übersteigen. Es ließ sich dann aber doch lösen und letztes Wochenende fand der kleine Umzug statt. Zoltan (Vater aus dem Irak, Mutter aus der Ukraine; es fiel der denkwürdige Satz “der Osteuropäer ist der Mexikaner des Bayern”) und sein Kastenwagen fuhren, meine beiden Männer schleppten. Fügten wieder zusammen, was für den Transport zerlegt worden, demontierten, was nunmehr überflüssig geworden war. Mir blieb, was mir immer bei Umzügen bleibt. Wischen und putzen und entscheiden, was wohin soll und dann räumen. Seit heute Nachmittag ist alles wieder an seinem Platz und die eine Kommode, die obwohl korrekt vermessen, einfach nicht an den für sie vorgesehenen Platz paßte, wohnt jetzt im Ostflügel und da stimmt sie.

Es stehen noch reichlich Schubladen leer; seit Amerika ist nicht viel dazu gekommen, außer Klamotten (Jahareszeiten. Halloho!) und Büchern (fallen unter Grundnahrungsmittel); für diese Wohnung sollte es das erst mal gewesen sein. Falls irgendwann mal ein Umzug ins Altersheim anstehe, ist Zoltan mein Mann, sagt er, denn darauf sei er spezialisiert. Habe die Nummer sicherheitshalber gespeichert. Man weiß ja nie.

Ohne the BIG help from my friends hätte ichs nicht geschafft. Danke!

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