Weil ich ja schon wußte, daß mir viel Fahrzeit in wenig fahrplantreuen öffentlichen Verkehrsmitteln bevorsteht (ja, du bist gemeint, S7, brauchst dich gar nicht zu verstecken!), habe ich vor ein paar Wochen bei einer Remittendenbox bei einem Lebensmittelhändler zugeschlagen (man nimmt’s, woher man’s kriegen kann) und mir eine Tüte voll möglichst dicker Bücher ausgesucht. Vieles ist Schnelldurchlesefutter, weder richtig gut noch richtig schlecht, die kommen auf den Hausstapel für alle. Bei einigen wenigen stellte sich heraus, daß noch das beste der Klappentext ist (pars pro toto: Jean-Christophe Grangé: Im Wald der stummen Schreie). Solche Machwerke setze ich umgehend in der S-Bahn aus. Den sehr wenigen Glückstreffern werde ich einen gesonderten Blogpost widmen, das haben sie verdient.
Gestern war es soweit. Ich mußte auf dem Weg in die Stadt schon mit dem letzten Buch aus meinem 14-Edeka-Bücher-Vorrat anfangen (danke, du Dreck-S7!) und habe, weil das mit der Fahrerei ja erst mal nicht aufzuhören scheint, die ersten Gedanken über die Beschaffung von Nachschub gedacht. Und wie ich gerade mit dem Remittenden-Eschbach, einem starken Kaffee und einem Zigarettle vor einem Café im Westend an Frischluft und Sonne gegen den Verwesungsgestank räuchere, kommt da ein junger Mann daher. Mit einem Bollerwagen voller Bücher. Und lädt mich ein, mir zu nehmen, was ich möchte; er mache nämlich Wohnungsauflösungen und “Biacha gengan imma schlecht weg und dann scheng i’s liaba her”.
Ich beuge mich tief über das Wagerl und inhaliere erst einmal tief, bevor ich irgendwas berühre. Mir steigt nichts in die Nase außer dem beruhigenden Geruch abgestandener Bücher. Gut, dann kann ich mal durchblättern. Hmmm. Hera Lind, Utta Dannella und andere Autorinnen, die ich nicht kenne, wo aber auf allen Schutzumschlägen vom Winde verwehte junge Heldinnen errötend an schon ergraute Heldenbrüste in weißen, mangelhaft geknöpften Hemden sinken. Naaahhh, das ist jetzt nicht so meins. Aber trotzdem danke!
Da schaut er mich an, der junge Mann, hebt seinen schweren Rucksack vom Buckel, nestelt darin herum und präsentiert mir eine wunderschöne Klett-Cotta-Kassette mit Tolkiens “Verschollenen Geschichten” und dem “Silmarillion”. “Do, konnst hom. Dös baßt besser zu dir.” Stimmt. “Das Silmarillion” wollte ich schon ewig wiederlesen und die anderen kenne ich noch nicht einmal. Danke vielmals! Der junge Mann will keinen Dank. Er bollert zum Nebentisch weiter und setzt seine Mission fort. So ein guter Entrümpler!
Danke übrigens auch an Apollo, daß du mich erhört und mir deinen Bücherboten geschickt hast! Könnte ich das womöglich für meine Rest-S7-Leidenszeit im ca. zweiwöchentlichen Abo haben? Bitte?