The Geek Whisperer

Durch den Zuzug von ordentlich Tech Money in der Bay Area sind nicht nur Mieten, Restaurantpreise und überhaupt die Lebenskosten ganz allgemein durch die Decke gegangen*, nein, auch Psychotherapeuten berechnen mindestens drei Mal so hohe Stundensätze wie noch vor fünf Jahren. Die Rechnungen zahlt nicht etwa der Patient, sondern meist das Tech-Unternehmen, bei dem er angestellt ist. Dort hat man nämlich irgendwann bemerkt, daß die gescheiten Geeks und Nerds, die man sich aus der ganzen Welt zusammenkauft, zwar hochbegabte Softwareentwickler sind, aber starke Defizite im Sozialverhalten aufweisen. (Überraschung!) Ein Arzt hat heute früh begeistert berichtet, daß er die weniger harten Fälle schon nach einem Dreivierteljahr mit zwei Sitzungen pro Woche soweit hat, daß sie bei der Frage “Wie geht es dir?” nicht mehr nur mit verschrecktem Blick und hochgezogenen Schultern “mdzphmfztphnmmdfndzd” nuscheln und dann weglaufen, sondern manchmal sogar fähig sind, ihre Befindlichkeit zu artikulieren. Meiner Erfahrung nach mit “Gut. Wieso?”.

Da bleibt für andere natürlich nicht mehr so viel Sprechstundenzeit übrig, und darum hat eine wohltätige Organiation jetzt eine sogenannte “Warmline” ins Leben gerufen, für die, denen alles über den Kopf wächst und die einfach mal mit jemandem über das quatschen wollen, was sie so umtreibt. Ohne dafür bezahlen zu müssen, weil sie im Zweifelsfall auch nicht können. Wer übrigens akut suizidgefährdet ist, soll da nicht anrufen. Für den gibt es eine Hotline, an der am anderen Ende nicht helfersyndromgeplagte Laien abnehmen.

Und weil wir im Silicon Valley sind, gibts noch ein ganz spezielles Therapie-Angebot: Paarberatung für Unternehmensgründer (Couple Counseling for Founder), die sich nach der gemeinsamen Gründungseuphorie über die weitere strategische Ausrichtung ihrer Firma in die Haare bekommen haben. Die Praxis boomt, derzeit beträgt die Wartezeit auf einen Termin zwischen drei und vier Monaten.

 

* Hier heißt der Fachbegriff “to sky-rocket”. (Einfach flott ein Substantiv verbalisieren, so kommt die englische Sprache natürlich leicht zu ihren knapp 15 neuen Wörtern pro Tag. Das neueste Verb, das man hier in der Gegend ständig hört ist “he/she/it is ‘uber’ing’ it”; das heißt, bedient sich eines Transports durch das Quasitaxi-Unternehmen Uber. Und ja, Umlaute können sie immer nicht, außer sogenannte “metal umlauts” wie in Bandnamen wie “Mötley Crüe”.)

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