Zum Serien wegschauen komme ich nicht so recht, ich kann nämlich noch nicht sehr lang sitzen und bin einfach kein Fan von liegend fernsehen. Lesen hingegen kann ich in jeder Stellung – und so habe ich mich daran gemacht, die vorsorglich aufgetürmten Bücherstapel abzuarbeiten.
Futureland: Nine Stories of an Imminent World von Walter Mosley
Walter Mosley ist schwarz. Und in jedem seiner Bücher geht es um alltäglichen Rassismus. Dieses Mal in neun ineinander verwobenen Kurzgeschichten, die in einer nicht zu fernen Zukunft spielen, in der ein dystopisches Amerika immer noch führende Weltmacht ist, aber, wie schon das heutige Amerika, nicht imstande, im Inneren mit Rassismus und Genderproblematik umzugehen (in einer Geschichte ist der Underdog-Held eine Boxerin (!!), pechschwarz, mit schier übermenschlichen Kräften, die ihre doppelt so schweren männlichen Gegner allesamt zu Brei schlägt). Keine Ahnung, was mir der Dichter damit sagen will, ich habe das Buch noch in der Reha an einen interessierten Pfleger weitergegeben.
The Harlem Hellfighters von Max Brooks und Caanan White
Der erste Weltkrieg hat nun auch hierzulande die Literatur erreicht. Und wo wir gerade bei Rassismus sind: in der schwarz-weißen Graphic Novel “Harlem Hellfighters” beschreiben Brooks und White die Geschichte der ersten amerikanischen Armeeeinheit, die aus Schwarzen und anderen dunkelhäutigen Männern zusammengesetzt war. Vom Training in – ausgerechnet – South Carolina bis zur Verschiffung nach Europa, wo sie, gemäß ihrer “Natur” selbstverständlich nicht im Kampf, sondern als Schiffsentlader, Lastenschlepper, Putzmänner etc. eingesetzt wurden. Bis die verzweifelte französische Armee sich die “Men of Bronze” ausleiht, um in ihrem harten Grabenkampf gegen die Armee des deutschen Kaisers die Lücken zu füllen. Die Bilder sind ganz großartig, riesige Panels mit endlosen Lazaretten, Schlachtfeldern, Friedhöfen. Ein Film ist schon in Arbeit.
Lesen! Lesen!
Florida Roadkill von Tim Dorsey
Vom Rassismus in den Sunshine State und gleich ärgern müssen. Tim Dorsey produziert am laufenden Meter lustige Florida-Geschichterl, im Ton schnoddrig und recht schön dick aufgetragen und dann sind es doch immer nur freche, lahme Abklätsche dessen, was Altmeister Carl Hiaasen schreibt. Heilsarmeespendentüte.
Stormy Weather von Carl Hiaasen
Der hinwiederum kann den Schnodder, den Wahnsinn und schafft es, seinen schrägen Protagonisten Leben und Plausibilität zu geben. “Stormy Weather” aus dem Jahre 1995 beschreibt Florida at its worst, in den Nachwehen von Hurricane Andrew, die lichtscheues Gesindel anziehen wie die Fliegen. Hauswiederaufbauercrews von sonstwo, denen weniger am Aufbau, als am Vorschuß gelegen ist, Versicherungsagenten und -betrüger, Gebäudeinspektoren und Häusermakler auf der Flucht, Klein-, Groß und Mittelkriminelle und solche, die es durch Gelegenheit werden. Hübsche brutale Morde, rührende Liebesszenen und ein Honeymoon in Disneyland. Sehr schön, sehr unterhaltsam. Man kann das auch richtig machen, Mr. Dorsey!
Lesen. Zum Beispiel am Strand, wenn am Horizont dunkle Wolken aufziehen.
Nemo: The Roses of Berlin von Kevin O’Neill und Alan Moore
So. Schluß. Aus. Fertig. Ich habe keine Ahnung, wieviel Alan Moore mit diesem humpfzigsten Band der “The League of Extraordinary Gentlemen” noch zu tun hat. Aber selbst meine Verehrung für den Meister rechtfertigt nicht, daß ich von diesem Müll noch einen einzigen weiteren Band kaufe. Dummsinniger Schwachsinn!
Countdown City: The Last Policeman Book II (Last Policeman Trilogy) von Ben Winters
Winters hält die Qualität des ersten Bandes aufrecht. Das gibt schon einmal Pluspunkte (gell, Mr. Moore!). Hank Palace, der letzte Polizist, ist etwas weniger nerdig verschroben, das mag aber auch daran liegen, daß angesichts des Endes der Welt alle anderen seltsamer werden. Der dritte Band erscheint im Juli.
Lesen! Lesen!
Skeleton Crew von Stephen King
In diesen Nächten, in denen man alle ein, zwei Stunden aufwacht, weil man nicht mehr liegen kann, oder das Bein ziept oder überhaupt, ist der Gruselguru King eine sichere Bank. Der Band ist eine Anthologie von Kurzgeschichten aus den Jahren 1968 bis 1985. Die meisten davon ordentlich, manche sogar sehr gut – was dieser Mensch unter Koks so rausgedonnert hat, ist im Nachhinein immer noch faszinierend.
Besser als pain killer.
The City of Ember (The First Book of Ember) von Jeanne DuPrau
Man stelle sich eine Stadt vor, die stets im Zwielicht liegt, farblos und grau, und in der die Menschen unter einer Verknappung der Resourcen leiden. Ferner stelle man sich zwei verschiedengeschlechtliche Zwölfjährige vor, die jüngst im Losverfahren ihre neuen Rollen im Dienste dieser Stadt zugeteilt bekommen haben und, getrieben von Neugier, Selbstgerechtigkeit und Abenteuerlust einen Weg aus dieser Stadt in eine neue helle Welt finden.
Anschließend frage man sich, ob man die Not fühlt, die anderen drei Bände dieser Saga wirlich noch zu lesen oder sich das vorhersehbare Ende kurz von wikipedia bestätigen zu lassen. Ich habe mich für letzteres entschieden. Heilsarmeespendentüte.
Das zweite wirklich gute und sehr überraschende Buch, das ich neben Last Policeman gelesen habe ist:
Shovel Ready von Adam Sternbergh
Ein richtiger hard-boiled Thriller, wahnsinnig böse und sehr lakonisch geschrieben. “Spademan”, ein ehemaliger Müllmann, wird nach dem Einschlag einer schmutzigen Bombe in Manhattan zum Hitman, also Auftragskiller. Ein Anruf, ein Name, ein Teppichmesser. Fertig. Ein erfolgreiches Geschäftsmodell, allerdings nur so lange, bis ein Klient versucht, ihn zu linken. Nicht mit Spademan.
Mir will scheinen, daß der Urvater aller Hitmen with a conscience, Léon der Profi, hier wohlwollend Pate gestanden hat. Herausgekommen ist ein in Stil und Erzählform sehr ungewöhnliches und fesselndes Werk.
Lesen! Lesen! Lesen!