3 Tage – 3 Canyons – 3 Staaten* – 1 Tal

Was keiner weiß und manchen wundern wird: Nevada ist das amerikanische Äquivalent zu Sachsen und Las Vegas entspricht im wesentlichen Chemnitz. Ich war noch nie da. Will heißen, ich war noch nie in Sachsen – da muss ich mich wohl auf das sächsische Mitglied des Canyon-Trip-Trios verlassen. (Auch wenn ich, ganz ehrlich gesagt, leise Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Behauptung habe.) Utah ist quasi fast wie Bayern, „du kannst schaugn, wo du willst, du siagst immer einen Kirchturm und Bier ist ein Grundnahrungsmittel“.

Weil ich morgen doch in Urlaub fahre und noch Zeit zum Packen und Vorbereiten brauche und es außerdem auch schon wieder so sauspät ist, schreibe ich den Blogpost über unseren Canyon Trip ausnahmsweise nur im (extended) Telegrammstil.

Freitagnacht
Las Vegas. Für ca. eineinhalb Stunden. Dann haben wir nämlich endlich einen Leihwagen und sind den Strip bis Downtown Mitte entlanggefahren (Instant Wedding Chappels, Pfandleiher und “Bargain Bail Bonds” – „Du-kommst-aus-dem-Gefängnis-frei“-Kautions-Vorstrecker) (alles wie in Chemnitz) und biegen nach links ab, für weitere eineinhalb Stunden Fahrt durch die stockdunkle Wüstennacht zu unseren vorbestellten Betten in Mesquite.

Samstag
Auf dem Weg zum Zion Nationalpark schmeißt sich der Red Canyon im Morgenlicht in den Weg. Um es gleich vorwegzunehmen: wir haben vorwiegend rote Steine gesehen, mit mehr oder weniger Struktur im Stein, mit mehr oder weniger Wasser und also Grün dazwischen – alles unglaublich riesig, majestätisch, leuchtend, atemberaubend! Auf fließend amerikanisch formuliert (selbst gehört) : “This is, like, so wow!”

(Irgendwann werden wir aus unseren gemeinsam knapp 2000 Photos auch die Memory-Bilder aussortiert haben und eine nichtmitreisendenkompatible Auswahl treffen. Irgendwann.)

Wir sind in Utah, wo der Canyon “Zion” heißt, ein schwer erklimmbares Hochplateau “Angel’s Landing” und Felsen nach den biblischen Patriarchen benannt sind. Es ist schön dort, wir “wandern” (deswegen in Anführungszeichen, weil der “Trail” rollstuhltauglich ist) den Riverside Trail bis zu den Narrows, aus denen uns tropfende Menschen in Neoprenanzügen mit Kletterseilen und Steigeisen entgegenkommen. So ernst meinen wir’s dann doch nicht.

Sehr ernst meinen wir hingegen, dass wir abends im Hotel gerne noch unser mehr als verdientes Fläschchen Wein getrunken hätten. “Nein, nein, nix da. This is Utah.” Alkohol gibt’s nur in lizensierten Liquor Stores, und ganz bestimmt nicht so spät und schon gar nicht sonntags (es sei denn, man gehe zum Essen aus, frage explizit nach der Weinkarte und nehme dann den ungetrunkenen Rest mit). Bier können wir haben, und zwar viel, denn “don’t break sixpacks”. Der wirklich hilfsbereite Mann im Hotelrestaurant ist auch nicht ganz glücklich mit seinem Staat (“more cops than people living here”) und gibt uns einen Tip. Wir sollen am nächsten Tag bei Ruby’s Giftshop vorsprechen und sagen, dass Kyle uns schicke, dann ließe sich vielleicht was machen. “No promises, though.” So stelle ich mir die Speakeasys während der Prohibition vor – es ist schon pervers, wohin dieser Joseph Smith und sein kranker Monotheismus führen.

Sonntag
Der Bryce Canyon ist nicht nur “a hell of a place to lose a cow” sondern auch seiner Ostausrichtung wegen der perfekte Platz, einen Sonnenaufgang zu erleben. Ein überwältigendes Erlebnis. Sagt man. Sollten wir bei Gelegenheit mal nachprüfen – nach zwei langen Tagen hatten wir Schlaf nötig. Der Bryce Canyon ist auch später am Tag noch überwältigend und wir hatten Riesenglück und einen leicht bewölkten und kühlen Tag (35°C) erwischt. Noch mehr rote Steine und Hoodoos (Sandsteinformationen). Eine Kathedrale, schnatternde Marktfrauen, ein sinkendes Schiff, eine Reihe Kerzen – je länger man draufschaut, desto mehr kann man sehen. Ganz arg schön! Ich habe mich mit einem Ranger unterhalten, der gerade nach Schichtende auch seine Augen noch einmal weiden wollte. Hoodoo und Voodoo klingt nicht nur gleich, beides stehe für böse Hexerei. Und ja doch, in vier bis sechs Wochen werde der erste Schnee schon wieder fallen – das sei ja vielleicht was schönes, man käme aber auch ein wenig schlechter auf den Trails voran. (Für diese Prognose hätte er sich keine schlechtere Zielgruppe als mich aussuchen können.) Dann kamen die Jungs vom Queen’s Garden Trail wieder hochgeschnauft, es dunkelte und ein Matthias-Claudius-Halbmond stand hoch am Himmel.

Montag
Auf dem Gut-Fünf-Stunden-Fahrt-Rückweg nach Vegas durchquerten wir noch einmal Zion (dieses Mal die “Scenic Route” bei Tageslicht) und passierten auf der Fahrt zum “Valley of Fire” (rote Steine) die sterbende Stadt Overton, in der man nur deshalb nicht tot über dem Zaun hängen muss, weil die Leichenhalle das besterhaltene Gebäude im Ort ist. Grausig. Irgendwo im Nichts. Aber mit “School Bus Stop.” Selbst das Navi benahm sich suizidgefährdet und wollte alle paar Meter einfach nach “links abbiegen” – mitten in die Wüste und dann dort einsam sterben. Beziehungsweise uns mit sich reißen.

Im Feuertal hat’s geregnet. Ganz dicke einzelne Landregentropfen, die binnen eines Wimpernschlags im roten Steinstaub schon nicht mehr zu sehen waren.

Abschließend jeweils eine Eins mit Stern an Toni, der die ganze Strecke über der Fahrer war (in einem Dodge Nitro) und an Christoph, dessen Routenvorschlägen wir freudig und begeistert gefolgt sind.

Und morgen geht’s los, für eineinhalb Wochen Urlaub Richtung Norden. Ich muss bloß noch packen. Und sollte duschen. Und was essen.

* Nevada, Arizona, Utah

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