Fehlzündungen

Der Herr Doktor aus Wien hätte gewiss seine Freude daran gehabt, dass der Weg zu den Toiletten im Restaurant mit einem Schild zum Untergeschiß ausgewiesen wird.

Aus der Zeit vor unserer Zeit

Ich habe neulich eine Serie auf DVD geguckt. Die war so alt…

Wie alt war sie denn, Sabine?

Die war aus einer Zeit vor der Erfingung des Binge-Watchens – es gab nicht einmal einen “Play All”-Button. So alt war die.

Kauf das! (Des Rätsels Lösung)

Letzte Woche hatte ich an dieser Stelle gefragt, was ich hier wohl kaufen sollen tun täte. (s. https://flockblog.de/?p=48202)

Die Auflösung:

Na? Naha?

Wir sind alle doof: der halbierte bunte Plastikpenis ist natürlich ein Ballonzuzwirbler. Mon Dieu.

Ach, ihr habt dieses Ding gelöst?

Dann habt ihr natürlich recht. Glückwunsch. Nasenmassagegerät aus Harz, Bienenwachs, Nasenschaber. Ich lasse sämtliche dieser Lösungen gelten…

Neu im Fernsehen: “Maggie Moore(s)”

In Amerika glaubt man an die Wunderheilkraft von Hühnersuppe. Kein Wunder, dass es, wo man neben Kruscht noch Bücher feil bietet, ganze Regalmeter Chickensoup-Ratgeber zu kaufen gibt. Also quasi Kruscht zwischen Buchdeckeln.

Nun aber zu den Maggies. In einem amerikanischen Wüstenkaff werden zwei Frauen gleichen Namens ermordet. Police Chief Sanders (Jon Hamm) und sein halb so großer Deputy-Side-Kick (Nick Mohammed) ermitteln. Ersterer verliebt sich dabei in die neugierige Nachbarin (Tina Fey) und ist damit schon Teil von zwei Odd Couples, letzterer ist für die dummen Sprüche zuständig und wird dann vom Chef gerne milde gerügt.

Dann haben wir noch die Messrs. Moore. Deren einer (Christopher Denham) entpuppt sich als schurkischer Lügenbold mit einem Keller voller Nazi-Glump aber ganz reizender Fassade. Der andere (Micah Stock) ist Franchisenehmer einer Sandwichkette, immer in ganz schrecklichen, leicht angeranzten Corporate Polo-Shirts, immer in Geldsorgen, so sehr, dass an ganz schlimmen Tagen der Schnauzer richtig tief hängt. Außerdem in dunkle Geschäfte verwickelt.

Zusammengefaßt: in einer idyllischen Kleinstadt ist keiner, was er zu sein scheint und weil der Film ja mal zu Ende gehen muss, klärt Jon Hamm das auf.

Man hätte sich ja eigentlich denken können, dass nur eine ganz böse Aneinanderreihung von Klischees herauskommt, wenn eine Produktionsfirma namens “Chickensoup for the Soul” Filme in Auftrag gibt. Es ist aber dann doch verblüffend, wie dermaßen Reißbrett eine Produktion sein kann. Meine Fresse!

Geschäftsmodell

Er habe, wanzt sich im Wir-kaufen-zu-Feierabend-noch-schnell-was-ein-Gedrängel im Supermarkt ein leicht schmieriger Herr von hinten viel zu nah an mich heran, er habe da einen Super-Tip für mich. Da, diese Selbst-Aus-Check-Kasse, der “Blech-Depp” da, habe ja keine Möglichkeit, meinen Pfandbon als eingelöst zu markieren und ich brauchte mich nur noch mal an der Kasse anzustellen und bekäme dann das Geld doppelt. Naha?

Werter Herr, wenn ich mich bei dem schwülen Wetter mit meinem bissele Kleinzeug an einer der wenigen besetzten Kassen hätte anstellen wollen, hätte ich das getan und nicht die paar Sachen selbst vor den Scanner gehalten. “Aber”, kommt mir eine Idee, “wollen Sie vielleicht…?” Ich kann gar nicht so schnell schauen, wie der Herr samt Pfandbon verschwunden ist.

Frage mich allerdings, ob Vorschub zum Pfandbetrug als gute Tat für den Tag gildet?

Sobald das Gewitter durch ist, werde ich darüber nachdenken. Dann funktioniert mein Hirn bestimmt wieder.

Reisen bildet

Ich war ja heute eingeladen. Im Westend. Eine Reise, für die laut MVG U-Bahn und Bus zu benutzen sind und die inklusive der Fußwege 26 Minuten dauern soll.

Was ich da nicht alles erlebt habe. Meine Herren!

Die U-Bahn und ich kamen zeitgleich in der Station an (das klappt bei mir sonst nie und soll ein Lob sein) und war für Samstagvormittag schon recht gut gefüllt. Vorwiegend mit Männern. An jeder Haltestelle stiegen mehr zu, alle in, wie nenne ich das jetzt?, sehr paßgenau geschnittener Kleidung und recht wohlgemut. Viel Spaß beim CSD, allesamt!

Von der guten Stimmung angesteckt verlasse ich am Harras den Waggon und werde oben an der Rolltreppe von einer Dame empfangen, die gerne eine Auskunft hätte. Wie kommt sie mit ihrem Tross (eine knapp 20 Personen umfassende griechische Reisegruppe) denn jetzt am besten in die Innenstadt? Hmmm? Wir erinnern uns: die Strecke zum Sendlinger Tor wird gerade saniert (Weichenbauarbeiten), Schienenersatzverkehr ist im Einsatz. Bedauerlicherweise ist der Begriff in meinem eher geringen griechischen Wortschatz nicht vorhanden. Ich bin aber, wie jede Münchnerin, auch MVV-Mitarbeiterin ehrenhalber und kann den Weg zur S7 erklären, die sie alle direkt ins Zentrum fahren wird. Das freut die Griechen, und nachdem ich die Einladung, mich ihnen für einen schönen Tag im schönen München anzuschließen, ausgeschlagen habe, scheiden wir mit vielen Efharistos voneinander.

Oben renne ich gegen einen aus fünf Ordnungskräften bestehenden Polizeikordon. Die schützen einen mit vier Mann besetzten Wahlkampfstand der AfD vor ca. zehn Demonstranten mit so schönen und wahren Plakaten wie “Rassisten sind Arschlöcher. Überall.” Wieder schlage ich was aus, nämlich den Flyer, den mir ein AfDler in die Hand zu drücken versucht, nehme aber stattdessen, schon um ihn zu ärgern, mit Dank das Blättchen der AntiFa.

Die zweite Hälfte meiner Reise verläuft ohne weitere Auffälligkeiten. In den Bus einsteigen. Gefahren werden. Am richtigen Stop den Bus verlassen. Besuch machen.

Huiui. Ich bin echt ein Haderner Landei geworden.

Fehlzündungen

Neulich empfahl ein Kollege in einer Besprechung, doch besser erst mal “die Füße flach zu halten”. Für mich klingt das ja mehr nach Diagnose als nach Redensart, aber vielleicht sind mir die Hunsrücker einfach wieder einmal weit voraus.

Neu im Fernsehen: “Der Pass” – 3. Staffel

Von der ersten Staffel war ich seinerzeit restlos begeistert (s. https://flockblog.de/?p=40467), von der zweiten nur noch eingeschränkt (s. https://flockblog.de/?p=46284) und die dritte hat meine dunklen Vorahnungen nun bestätigt: In den dritten Aufguss haben sie ordentlich Horror gerührt und das Gebräu ist nicht besser geworden.

Wer sie noch nicht gesehen hat und das ohne Spoiler tun will, lese ab jetzt nicht weiter.

Das Welt ist immer noch grau und düster, das Wetter beschissen. Graue schwere Nebel klumpen sich über dem hohen Tann und wenn es, wie oft, regnet, dann fallen lange schwere Güsse. Der Berg meint es nicht gut mit den Menschen. Die Menschen miteinander aber auch nicht. Irgendein Kritiker hat vom “Alpengrauen” geschrieben. Recht hat er.

Stocker (Jentsch) ist traumatisiert vom Tod ihrer jungen Kollegin, den sie nicht verhindern konnte und war lang dienstunfähig, Winter (Ofczarek) ist traumatisiert von Kugel im Kopf, dann Kugel wieder rausoperiert und ganz überhaupt von seiner Kindheit in einer Kommune, in der der Guru den Begriff “freie Liebe” ausschließlich zu seinen Gunsten und zum Schaden aller anderen interpretiert hatte. Außerdem sind die beiden dieses Mal Gegner. Stocker will Winter endlich überführen, stößt aber bei den Oberen auf Widerstände. Der doch nicht. Und sie solle sich mal nicht so haben. War sie denn eh nicht gerade erst wegen so Psychosachen lang weg?

Dann passiert wieder ein sehr grausamer Mord im deutsch-österreichischen Grenzgebiet – und die Kamera bleibt drauf. Und drauf. Und drauf. Bis der ganze Mensch endlich laut schreiend ganz und gar verbrannt ist. Was ist aus dem schönen filmischen Mittel geworden, abzublenden und das Grauen der Phantasie der Zuschauenden zu überlassen? (Das geht nämlich ab jetzt bei jedem Mord so. Kamera drauf halten, und halten, und halten. Bahh!)

Natürlich wird wieder eine bi-nationale Sonderkommission eingesetzt, aber Stocker muss draußen bleiben. Sie kämpft mit unlauteren Mitteln um den ihr angestammten und ihrer Meinung nach zustehenden Platz, kriegt ihn auch. Aber dann ist Winter nie da, weil, der jagt in einer Privatfehde den Kinderschänder-Guru.

Nebenher kommen alte Mythen, Satanismus, Hexenverbrennungen und eine Art Ratten- sowie Kinderfängerwaldschrat, der “Schinderjackl” und sein neuzeitlicher Wiedergänger (August Diehl) vor, ein investigativer und doch käuflicher Reporter und auch ein aus der BRD in den austriakischen Bunker “geflohener” Reichsbürger, dessen perfekt abgerichtete deutsche Schäferhündin nur aus Versehen nicht Blondi heißt. Und alle sind sie irgendwie verwickelt und die Fäden zieht die böseste Giftspinne im Netz, die Freunderlimmobilienmogulin Gössen, die im österreichischen Naturschutzgebiet mit einer durch Bestechung und/oder Erpressung erworbenen Sondergenehmigung ein Protestcamp räumen und “Schweizer Luxus-Chalets” errichten läßt (geht’s noch dicker aufgetragen?).

Winter hat sich inzwischen wider die seelische und körperliche Pein über und über mit Fentanyl-Pflastern beklebt und wenn er nicht gerade halluziniert, bricht er schon auch mal zusammen und muss gerettet werden. Das übernimmt zuverlässig Stocker, denn irgendwie haben sich die beiden doch wieder vertragen (selten so eine schöne lakonische Versöhnungsszene gesehen). Zwischengeschnitten sind Interviews mit der Innenrevision – jetzt, wo die beiden endlich wieder miteinander können, wollen die Schmutz über Winter ausgraben. Ganz schlechtes Timing. Jetzt bleibt Jentschens Figur bockig und einsilbig.

Wie’s ausgeht, brauche ich nicht zu verraten, es ist nämlich sehr vorhersehbar. Ich hoffe, es halten sich alle an ihr Versprechen und diese dritte bleibt die letzte Staffel.

Und wo bleibt das Positive, Frau flockblog?

Nicht verzweifeln, werte Leserin, werter Leser. Auch in dieser Staffel gibt es wieder ganz großartige Momente. Wie schon gesagt, wenn Stocker/Winter sich die Feindschaft aufkündigen und wieder vertragen. Wie sich die Chemie zwischen Jentsch und Ofczarek langsam aber sicher wieder zurecht ruckelt, das macht wirklich Freude. Oder wie man mehr und mehr Mitleid mit dem zer- und verfallenden schwer alternden Ofczarek bekommt, bis man sich doch – zum wiederholten Male – bewußt macht, dass der Mann einfach ein großartiger Schauspieler ist und dieses Schicksal zum Glück nur der Rollenfigur wiederfährt. Multiple-Hach! Meine Lieblingsszene ist eine der widerlichsten und abstoßendsten in der ganzen Serie. Die nämlich, in der der heruntergekommene, verwahrloste, schmuddelige Ex-Guru (Alexander Stecher) dem damaligen Vergewaltigungsopfer Winter seine Version der damaligen Freie-Liebe-Kommune erzählt. Und, dass wer diese “Liebe” nicht auch hätte haben wollen, ja einfach hätte weggehen können. Das geht in Mark und Knochen.

Zu erwähnen sei noch der matschig-soßige sehr anstrengende Geräusche-Soundtrack, der meist dazu dienen soll, aufsteigende Spannung zu erzeugen und eher nervt – aber auch hier ein Lichtblick: die Schlußszene. Winter tanzt, erst allein, fast traumverloren, mitsingend, zu Wolfgang Ambros‘ „I drah zua“ aus den Siebzigern. Stocker kommt dazu. Gemeinsam tanzen sie die Serie zu Ende. Sehr sehr sehr schön.

Mir hätte es gereicht, ein paar Szenen zusammenzuschneiden. Dieses verschwurbelt-mystisch-abgehobene Horrorzeugs ist meins nicht. So viele Höhlen und dunkle Waldränder, die die eigenen Abgründe symbolisieren sollen. Ja mir gehst weida.

So, und wer bis hierher gelesen hat, sage nicht, er sei nicht gewarnt worden. Oder habe eine ganz andere Meinung. Auch recht.