Ich bin dann mal da

Reisen kann man dieses Verbringen von Kalteuropäern in wärmere Gefilde eigentlich nicht nennen. Es ist vielmehr eine mehr oder minder langweilige Aneinanderreihung unerquicklicher Transporte, von Zuspätkomm-U-Bahn, über Ruckelzuckel-S-Bahn ( “Ui, ein Misthaufen, da bleib ich jetzt aber doch mal stehen, ui, freie Strecke, da will ich verweilen”), gefolgt von Wandertag auf dem Flughafen, Rumsitzen und warten auf dies, fliegen, landen,applaudieren, warten auf Visa, Visakontrollen, Koffer, Bus, im Dunkeln rumschuckeln in einem Kleinbus, in dem alle Frauen Sabine heissen, und dem Begleitehemann kein besserer Scherz einfällt, als dass der Name egal sei, wenn nur Größe und Gewicht stimmen.

Wurscht. Ich bin da, die Luft ist T-Shirt -draußensitzmild, das Meer brandet so vor sich hin, man hat mich wohl gespeist und den Flüssigkeitshaushalt reguliert und ab morgen muss ich nix, nix und nix!

Den Zurückgebliebenen selbstverständlich auch alles Gute. Höhö.

Ich bin dann mal weg

Nun bin ich schon so oft verreist, habe aber heute Nacht wieder unruhig geschlafen und ständig nachgesehen, ob ich möglicherweise den Wecker verpasst habe. Lieber dann doch eine halbe Stunde vor dem Klingeln aufgestanden… (wirklich wie immer).

Nun ist die Zahnbürste im Waschbeutel, der Waschbeutel im Koffer, der Koffer zu, der Pass und das Ticket immer noch da, wo ich sie gestern in der Handtasche verstaut habe, noch schnell den Müll wegbringen, eine Flasche Wasser einstecken und ich bin abreisebereit.

Dann mach ich mich mal auf den Weg.

Endlich Ferien

Meine Zehennägel leuchten seit 10 Minuten in Fantastic rot und die Eisdiele unten hat heute den ersten Tag offen und mir das erste Eis des Jahres verkauft. Außerdem scheint gefühlt seit Monaten zum ersten Mal die Sonne.

Weiter brauch ich nichts zum Glücklichsein.

Das Leben der Anderen

Während meiner morgendlichen Zigarettenpause komme ich mit einem LKW-Lieferfahrer ins Gespräch, auf dessen Beifahrersitz ein offensichtlich extrem gelangweiltes Vorschulmädchen gähnt und gleich daneben in der Babyschale ein Säugling schläft. “Kita zu”, sagt er. Und dass er ja noch Glück habe, weil sein Chef nichts dagegen hat, dass er seine Kinder zur Arbeit mitbringt. Bei seiner Frau ginge das nämlich nicht.

Aus dem Vokabelheft

“Die kriegen den Hals nicht voll” oder, wie mein amerikanisches Telefongegenüber heute sagte: “They want everything – soup to nuts”.

Die im Dunkeln

Im Treppenhaus ist es dunkel. Bis zum Aufzug vor der Praxistür finde ich trotzdem. Dort spricht mich ein Herr an und will wissen, ob ich denn keine Angst hätte vor ihm, dem schwarzen Mann, hier so im Dunkeln.

Ma-hann. Ist doch kein Licht. Woher soll ich wissen, wie du aussiehst? Der Lift wackelt herauf, die Türen öffnen sich, drin funzelt eine winzige rote Stockwerksanzeige-LED, sonst nix.

“Vorsicht”, meint der dunkle Spaßvogel (den ich immer noch nicht deutlich sehen kann), “vielleicht kommt jetzt der Aufzugsgeist.” Sag ich, dass es mittwochs keine Geister gibt. Sagt er “HUHUUU.”

Beseelt von fünf Folgen “The Power” und weil ich das Buch zwecks Vergleich von Bewegtbild und Text am Sonntag auch noch mal angefangen habe, erwidere ich sehr kaltblütig. “Keine Angst, ich pass schon auf Sie auf.” Ich weiß nicht, ob er verblüfft geguckt hat. Aber die Sprache hat’s ihm bis unten auf alle Fälle verschlagen.

Da sage mal noch einer, dass nicht in einer jeden Frau The Power schlummert…

Gelesen: Kurtis J. Wiebe (Text), Various Artists – “Rat Queens”

Was im ersten Band “Sass and Sorcery”, (Artist Roc Upchurch) noch als sehr witziger bösartiger gut gezeichneter Fantasy-Comic zu überzeugen weiß, ist im nunmehr achten Band “The God Dilemma” (Autor Ryan Ferrier, Artists Moritat, Casey Silver, Priscilla Petraites, Marco Lesko) zu einem derartig schlecht erdachten, getexteten und gezeichneten Humbug verkommen, dass sich die weitere Lektüre erübrigt.

Schade. Ich hasse es, wenn gute Ideen gemordet werden.

Neu zum Strömen: “The Power”

Vor gut fünf Jahren hatte ich das Buch meiner treuen Leserschaft sehr empfohlen (s. https://flockblog.de/?p=35415), nun ist die “Was-wäre-wenn”-Geschichte in bewegte Bilder umgesetzt und gerade bei Massenszenen (noch dazu aus der Luft gefilmt, wie beim Frauenaufstand in Riad) tut das neue Medium gut. Auch beim Entwickeln der Figuren lassen sich die Macherinnen (nicht gegendert, es sind einfach wesentlich mehr Frauen an der Produktion der Serie beteiligt als Männer) Zeit, nicht so viel, wie sie könnten, aber doch genug, als dass die Schauspielerinnen und Schauspieler zeigen können, was sie können.

Nach nunmehr fünf Folgen ist die Gesellschaft an einem Scheideweg angekommen: was, zur Hölle, machen wir mit jungen Mädchen und Frauen, die auf einmal ein Organ haben, das ihnen ermöglicht, Elektrizität aus den Händen zu “schießen”. Rausoperieren? Chemisch “kastrieren”? Alle wegsperren? Damit die Welt wieder “normal” wird? Oder anders? Den Wandel erst mal anschauen und annehmen? Selbst eine Ladung transferiert bekommen, wie beim Fremdstarten einer Batterie?

Ich werde mir die restlichen vier Folgen der ersten Staffel ansehen, wenn ich aus den Ferien wieder da bin. Wer früher will: immer wieder freitags wird auf Amazon Prime eine neue Folge in die Welt entlassen.

Gelesen: Daniel Bellingradt / Claudia Heise / Till Lenecke – “Hamburg 1686”

Handelte es sich hier um ein Zeugnis, so läse man, dass sich Till Lenecke im Rahmen seiner sehr bescheidenen Fähigkeiten sehr bemüht hat. Lenecke hat, ohne wirklich mitreißend und überzeugend zeichnen oder gar texten zu können, einen Comic zur “Hidden Cities” Hamburg-Stadtführung auf Basis des gleichnamigen Buches von Bellingradt und Heise produziert, der sehr eigenartig leblos daherkommt. Aber die Architektur ist gut gelungen. Dafür gibt es ein Fleißsternchen.