Wenn ich ein Vöglein wär,

…noch dazu in einer ägyptischen Hotelanlage, dann würde ich’s mir mit den Gästen nicht verderben wollen. Nicht so das Sauvieh im Gärtchen hinter meinem Bungalow, das schon vor dem ersten Licht loslärmt. Mit einem Ruf, der klingt wie mißbilligendes Zungenschnalzen. Immer fünf Mal nacheinander. Immer. Und oft. Bis ich dann halt doch viel zu früh aufstehe.

Mein neuer ornithologisch begabter Bekannter rät, mir den Vogel doch einfach als “Wüstennachtigall” schön zu denken.

Mag nicht. Ich stelle mir viel lieber vor, wie ich das Drecksvieh kiehlhole und mit einer Schnur um den Hals Bahn für Bahn im Pool hinter mir herziehe, bis ihm das Krach machen ganz und gar vergangen ist.

Lela za ida, zefix!

Wer hat an der Uhr gedreht?

Überall in Ägypten wurden in der Nacht von Donnerstag auf Freitag die Uhren um eine Stunde vorgestellt. Überall in Ägypten? Nein. Mein Tablet weigert sich beharrlich, diesen Unfug mitzumachen. Ägyptische Sommerzeit? Gibt’s in der Tabletwelt nicht, braucht auch keiner.

Wozu auch? Seit ich hier bin, liegt das Handy ausgeschaltet im Safe. Ich stehe auf, wenn ich genug geschlafen habe, packe Schwimmzeug und das Buch des Tages, finde irgendwo Kaffee und einen Happen zum Essen und dann findet man mich, je nach Wind, am Meer oder am Pool. Dass es wieder was zu essen gibt, erkenne ich an der Völkerwanderung gen Restaurant und wenn ich Hunger bekomme, gehe ich gegen den Strom dann nach oben, auf die Terrasse, wo mir nicht mehr gestresste Kellner jeden Wunsch von den Augen ablesen. So geht das.

Nu fehlt mir eine Stunde Ferien, das Tablet wähnt sich UTC+3 in Saudi-Arabien und ich habe mir einen Orden verdient, weil ich der selbstgerechten Dame, die lautstark kundtat, dass man “in Deutschland die Uhren ja am Wochenende” umstelle, nicht ungefragt mitgeteilt habe, dass man das hier genauso macht.

Soll sie doch dumm sterben. Mensch!

Vom Winde verweht

Dem Internet ist es heute wieder zu stürmisch und es kommt und geht mit jeder Bö. Mühselig. Ich vertraue darauf, dass es morgen wieder besser wird und gehe nun mit Buch ins Bett. Ich habe nämlich seit heute Nachmittag eine funkelniegelnagelneue sehr leistungsstarke Leselampe….

Gelesen: R. F. Kuang – “Babel – An Arcane History”

Hallo Ballet! Das ist aber mal eine Entdeckung! Da erfindet sich eine junge Autorin eine royale Bildungseinrichtung im akademischen Oxford der 1830er Jahre und bringt alles unter, was den Intellekt der literarisch und linguistisch interessierten Leserin kitzelt, nämlich die Sinnhaftigkeit (oder eben nicht) von Übersetzungen aus und in andere Sprachen, mit anderer Semantik, anderem sozio-kulturellem Hintergrund und Umfeld und daher nicht deckungsgleichem Wortschatz. Außerdem Weltherrschaftsanspruch (The British Empire über alles), Kolonialismus, Rassismus, Feminismus sowie ein Fantasyelement, das ich für potentielle Leser*innen nicht spoilern möchte.

Ich hätte der Autorin ein Lektorat gewünscht, das Redundanzen mutiger gekürzt hätte, aber “Babel” ist auch so ein sehr lesenswertes Buch.

Lesen! Lesen!

Le Gala Dinner

In einem Ton und Duktus, der der Ankündigung der Verlobung der jüngsten Tochter eines britischen Landadligen (endlich alle aus dem Haus, und die teuren Mitgiften Geschichte) in nichts nachsteht, lädt die Direktion des Hotels zum Abendessen.

Im Gegensatz zu sonst wird das Essen serviert, dafür darf man es sich aber nicht selbst aussuchen. Macht mir, die ich ja üblicherweise ein Mäkelfritz vor dem Herrn bin, aber gar nix, das mag ich alles:

  • Meeresfürchtesalat mischen
  • Spackelcremesupp
  • Rindermedalle und Krautergarnillen, serviert mit Pilzsause, Kartoffelpre und Gemüsemisch
  • Käsekuchen

Sehr fein, das alles. Und so eine schöne Spieskarte. Hach!

Ungesagt

Ich sei ja so tapfer, teilt mir unaufgefordert und tropfend eine gerade dem Pool entstiegene Dame mit und stört beim Lesen. Sie beobachte mich nun schon den dritten Tag (WTF?), aber nachdem heute immer noch kein von Durchfall genesener Mann an meiner Seite aufgetaucht wäre, wäre ich ja wohl ganz alleine hier. Soooo tapfer. Ach, wissen Sie, Gnädigste. Wenn ich mir das Geschöpf auf der Liege neben Ihrer so ansehe… kann ich das Kompliment nur uneingeschränkt retournieren. Ach was, verdoppeln!

Das sind so die Momente im Leben, in denen ich gerne auf die ganzen anerzogenen Umgangsformen verzichten täte. Oder mindestens mit einer tragischen Jüngstverwitwetstory aufwartete. Aber dann denke ich doch nur “Dumme Kuh” und sage, dass ich, wenn sonst nichts mehr anliegt, jetzt mal weiterlese. In Ruhe.

Aus der (temporären)* Nachbarschaft

Mein Hotel beherbergt nur Gäste, die das Alter der Volljährigkeit bereits hinter sich gelassen haben. Die meisten bereits seit einigen Dekaden.

Ob irgendeiner von denen im Zivilleben morgens noch früh raus muss, entzieht sich meiner Kenntnis. Hier tun sie’s geradezu exzessiv. Frühstück gibt es ab sieben. Das bedeutet, die Herrschaften klopfen ab Viertel vor sieben fordernd an ihre leeren Kaffeetassen. Das ist n a c h d e m sie Poolliegen per Handtuchauflegen reserviert haben… Diagnose der Frau Dr. flockblog: Ganz schlimme Fälle von Bettflucht aller Senilitätsphasen.

Sie sind im allgemeinen nicht nur Ü-18, sondern auch ü-gewichtig und überweibt. Will heißen, ein älterer Herr trägt nicht nur der Gattin Handtücher und Getränke hinterher sowie die ganze Verantwortung für die tageszeitlich korrekte Ausrichtung des Schatten spendenden Schirms, nein, in seine Zuständigkeit fällt selbstverständlich auch das Wohlbefinden der Freundin der Gattin. Beim Abendessen sind die armen Kerle dann meist fix und fertig und sehr maulfaul. Fällt den frõhlich konversierenden Damen kaum auf. Eigentlich nur, wenn er die Anweisung “Harry, bestellste und mal noch’n Weinchen?” nicht zügig genug umsetzt. Wenn dieses Weibsvolk nicht aufpasst, dann sind sie nächstes Jahr ohne ihren rotkõpfigen Harry unterwegs….

Mir geht es glänzend. Ich schwimme viel, lese mehr, bekomme gut zu essen und finde das bißchen Menschen, mit dem ich zu tun habe, sehr erträglich.

  • Leute schauen gilt als Urlaubsbeschäftigung. Und wie.

Ferienerlebnis, 1. Tag

  • Nu komm ich aus der Großstadt… aber so dermaßen laut wie direkt neben dem Generator isses da nachts nie. Bin umgezogen. Wohne jetzt in der dritten Reihe. Meerblick nur noch weit vorgebeugt von der Terrasse. Im Stehen. Dafür ruhig.
  • Babygeschrei. Ganze Ü-18-Anlage kollektiv in Aufruhr. Eine Dame, mit professionell beruhigender Erzieherinnenstimme zu niemandem im besonderen. “Ist bestimmt nur zu Besuch…”
  • Wie? Noch ein Baby? Nein, Entwarnung. Bloß eine halbwüchsige sehr magere Katze, die gerade von zwei monumentalen Wachdohlen weggekrächzt wird. Schon was los hier.
  • Vorsatz für morgen: 1 Sonnenaufgang pro Urlaub reicht.

Gelesen: Carlos Ruiz Zafon – “Der Schatten des Windes”

… und zwar in einer ausnehmend furchtbaren Übersetzung von Peter Schwaar aus dem Jahr 2003, die sich liest wie eine sehr unglückliche Liaison aus der Jugendsprache der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts, außerdem Sturm und Drang sowie “Gartenlaube”. Hätte ich meinen Rotstift dabeigehabt, ihm wäre halbbuchs der Saft ausgegangen.

Davon abgesehen? Man muss es schon sehr mögen, dieses verschwurbelt Mystische, das letztendlich auf einen Groschenroman für wohllüstigen Schwulstgrusel hinausläuft. (Und dann ist sie mit siebzehn an der Geburt gestorben, und das Kind gleich mit, und dabei war der Vater ihr Bruder. Aber das haben sie nicht gewußt. Ach, die Sünden der Väter. Und Mütter. Außerdem Spanischer Bürgerkrieg. Franco. Katholizismus und Heuchelei. Alles arg schlimm. Mann, Mann, Mann!)

Freu dich, Hotelbibliothek. Du hast ein Buch gewonnen und mein Koffer ist um eine Schwarte leichter.

Nicht lesen.