Schreihals

Alles ist grau, eine dicke Nebelwand verschluckt den Sonnenaufgang und Freund Brüllvogel schweigt. Was man mit einem Regentänzchen nicht alles schafft.

Letzte Warnung!

Ein feuerroter Briefumschlag schreit nach “Immediate Attention!” (natürlich alles in Großbuchstaben und mit vier Ausrufungszeichen) und jemand verlangt einen Rückruf binnen 48 Stunden nach Erhalt des Schreibens, widrigenfalls man die Angelegenheit ohne weiteres Zaudern dem COLLECTOR übergeben werde. Hmmmm. Ich habe in letzter Zeit sehr viele Rechnungen bekommen, alle von Menschen, die für sich in Anspruch nehmen, irgendeinen Anteil am Austausch meiner Hüfte zu haben; weiß ich, ob die notorisch unzuverlässige amerikanische Post eine davon verschlampert hat und ich im Zahlungsverzug bin? Weiß ich nicht. Also rufe ich an.

Nach einer lustigen Viertelstunde mit dem Sprachauswahlmenü bequemt sich Jo-Anne and den Apparat. Sie sagt irgendwas, das kann ich aber nicht verstehen, denn sie scheint noch beim Mittagessen zu sein und hat ca. 5 heiße Kartoffeln im Mund. Es schnauft. Es scheint zu schlucken. Ich frage, ob sie denn bitte ihre Frage von vorhin wiederholen könne und – werde unterbrochen: Ob ich denn gefälligst mal sagen kann, wer ich sei, und warum ich sie anrufe. Ja klar, gerne. Ihr habt mir geschrieben und – nein, unterbricht sie wieder, das kann nicht sein. Jo-Annes Abteilung macht nur Telefonservice. Gut. Nochmal langsam. Ich habe hier ein Schreiben und – “Wazzecasenumbr?” Ich glaube, ich habe verstanden. Sie will eine Nummer von mir. Auf dem Wisch stehen, neben dem Betrag und horrenden Verzugszinsen und weiter keinen Angaben zum Rechnungssteller, so einige Nummern – ich fange dann mal an, zu verlesen. “A as in Alpha, dash…” – nein, die wolle sie nicht. “Can’t use. Number’s gottaaa staaht with niine-teen; ONE NINE.” Genau, Jo-Anne, einfach lauter werden, wenn einen das Gegenüber nicht versteht. Das hat sich schon immer bewährt. Ich gehe den gesamten Zettel durch. Keine der Nummern beginnt mit 19. Und nun? Kann sie das auch anders finden? Indem sie eventuell nach meinem Namen sucht? Ha! Dann soll ich den aber erst mal buchstabieren, wobei es nicht klingt, als erwarte sie von ihren Anrufern und schon gar nicht von mir, daß wir das können. Ich beginne: “F” wie “Foxtrott”* und sie hat scheint’s nicht nur Kartoffeln im Mund, sondern auch Bohnen in den Ohren und ich muß jeden einzelnen Buchstaben mehrfach wiederholen. Gaaahhhh! Bin froh, daß ich nicht Schäuble heiße oder Wagenknecht, dann wären wir jetzt noch nicht soweit. Anscheinend hat sie inzwischen noch einmal ein paar Kartoffeln nachgeschoben und preßt zwischen denen durch “pleeeaaseholdwhileiprosheshyourrequest. Düdelidüdeli.” Passiert da jetzt was? Die Zeit verrinnt. Jo-Anne ißt erst mal in Ruhe zu Ende und kommt dann wieder. “Shanksforholding. Databirt?” Darauf falle ich nicht mehr rein. Das Geburtsdatum (“Date of Birth” oder auch gerne DOB) gilt hier als ultimative Identifikation, das kennt ja außer dem rechtmäßigen Anrufer auch bestimmt keiner.

Pause. Tastaturklackern. Kann ich meinen Namen vielleicht nochmal buchstabieren? Und einen Vornamen angeben? Und das DOB? Mache ich alles, wenn’s der Wahrheitsfindung dient. Und, Jo-Anne? What’s up? Ganz klar und deutlich und sehr sehr langsam kommt vom anderen Ende. “I do not show an open balance, Madam. Why are you calling?”

Wenn mir nicht die Spucke weggeblieben wäre, hätte ich vielleicht geschimpft, daß mir irgendwelche Hansel einen roten Brandbrief mit Ultimatum und ihrer Nummer geschickt haben. Und diese Knaller das nächste Mal vielleicht die Zahlungseingänge prüfen könnten, bevor sie sowas tun. Und überhaupt! So einigen wir uns auf einen “Computer Glitch”, der hier oft an vielem Schuld ist, daß ich keine Schulden habe und sie mir das schriftlich bestätigt (in 14 – 21 Tagen und per Post) und daß ihr überhaupt die “Inconvenience” ganz arg leid tut. Deppenhaufen!

 

* Vielleicht hätte sie “F wie Fuck, Fuck, Fuck!” besser verstanden.

Drecksvieh

Auf dem Dachgiebel über meinem Schlafzimmerfenster grölt dieser verdammte Vogel nun schon den dritten Tag in Folge seinen Sonnengruß. Und das, wo die Tage jeden Tag ein bißchen früher anfangen. Dabei hat er nicht einmal eine schöne Singstimme, ist aber dafür wirklich laut.

Sei bloß vorsichtig, du Krachvogel: Manche Menschen werden durch Schlafentzug zu Mördern…

1000 x Nebel

Meister Yakimoto ist zufrieden, denn niemand außer ihm weiß um die Myriaden von Nuancen zwischen Weiß und Creme. Noch ein winziger Tupfer mit dem kleinsten Tuschepinselchen und ihm ist wieder ein Meisterwerk gelungen. Da! Fertig ist: “Gipfel im Milchschaum”.

“This is your TTT”

Stau. Wenn’s mal ein bißchen voran geht, dann in einem Tempo, daß ich mit Gehstock zu Fuß lässig mithalten könnte. Was ist denn bloß wieder los?

Die Lösung weiß das Radio, also vielmehr die schon qua Berufsstand entsetzlich frohgemute sonnige Morgensendungsmoderatorin: “your Typical Tuesday Traffic”. Man solle das ganz gelassen sehen, bald gingen die Sommerferien los und dann wären auch dienstags weniger Autos auf dem Highway. Und jetzt hören wir wieder zusammen Schlager, die die Laune heben. Zum Beispiel: “If I had a million dollars” von den Barenaked Ladies. http://www.youtube.com/watch?v=LHacDYj8KZM

Funktioniert.

A little Birdie

Ob der frühe Vogel den Wurm gefangen hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich kann hingegen bestätigen, daß er seit dem ersten Licht* alle Anstrengungen unternommen hat, ihn tot zu brüllen.

* Die Sonne geht gegen halb sechs auf. Meine Fresse!

Endlich!

Weder bekränzte Jungfrauen noch Blasmusikkapellen waren zugegen als am Samstagmorgen meine neue Titanhüfte zu Wasser gelassen wurde, nur Desha und Die Dicken Damen und wir haben gemeinsam gespratzelt wie ehedem. Wir hatten auch richtig Spaß an diesem sonnigen Morgen, so lange, bis die Pool-Schedule-Verantwortliche am Beckenrand erschien und uns eröffnete, daß unser Kurs zwischen 14. Juni und 10. August nicht stattfinden werde – man habe im Gremium entschieden, daß Kinderschwimmkurse wesentlich einträglicher seien. Nein, antwortet sie überrascht, ein Mitspracherecht gebe es nicht, und nein, man werde weder eine andere Uhrzeit noch eine Alternative in Betracht ziehen. Das sei schließlich eine Mehrheitsentscheidung und der müßten alle folgen. Daß wir weder an der Abstimmung beteiligt waren, noch, daß mit diesem Verdikt Berufstätige für den Sommer von der Aquafitneß ausgeschlossen sind, rührt sie. Ich vermeine aber, ein leichtes Zucken um die Augen zu erkennen, als ihr aus der Gruppe das böse D-Wort (Diskriminierung) und “Ageism” (Altersdiskriminierung) zugerufen werden, doch sie bleibt hart. “Enjoy your summer and see you all back in August.”

Desha ist ziemlich am Boden zerstört. Sie lebt von den Kursgebühren und mal ein paar hundert Dollar weniger machen es für sie nicht gerade einfach. Es wäre aber auch nicht Amerika, wenn nicht sofort auf Selbsthilfe gesonnen würde. Mal sehen, vielleicht spratzeln wir bald in einem Condo-Pool (Condo = Eigentumswohnung) in San Mateo. Daumen drücken.

Ich bin Klempner von Beruf

Gestern Abend beim Duschen gurgelt und tut es in den Wasserleitungen wie nicht gescheit und als ich mich halb blind (wer duscht schon mit Brille?) und ungelenk an der Transferbank aus der Wanne hangele, stehe ich in einer Pfütze und das Badezimmer gut einen Zentimeter hoch unter Wasser. Extra ärgerlich ist das, wo doch Fee Zucely nachmittags alles auf Hochglanz gebracht hatte. Dammit! Was ist nun wieder? Die Frage ist selbstverständlich rhetorisch gemeint, hier im Haus ist alles original “antique”, also in dem Zustand, in dem es vor Urzeiten eingebaut wurde. Auch die Wasserleitungen.

Pümpel aus der Garage geholt (der ist nicht mehr original, da habe ich mir mal eine neuerzeitliche Luxusversion gegönnt), und alternierend in jedem Abfluß (Badewanne, Waschbecken, Toilette) eingesetzt. Aus jedem Überlauf spratzeln Wasser und Kalkbröckerl, eigentlich bräuchte ich einen zweiten Mann. Denn während ich an einem Abfluß vermeine, einen Durchbruch zu verspüren, läufts woanders schon wieder über. Eine schweißtreibende Stunde später scheint die Verstopfung sich zu ergeben, zumindest fließt Wasser wieder da ab, wo’s der Installateur vorgesehen hat. Wischen, Waschmaschine mit triefenden Tüchern beladen und – ja, genau, nochmal duschen.

Hoffentlich wars das jetzt, weitere Feierabende würde ich gerne wieder anders gestalten.