Für Dr. Markus S., MdL

Wir wohnen in Södermalm. Für die, die gestern nicht aufgepaßt haben: Söder bedeutet Süden, “Malm” steht für eine Siedlung für Tagelöhner, Handwerker und andere wenig finanzstarke Menschen außerhalb einer gewachsenen Ortschaft.

Natürlich begegnet einem hier im Viertel der Begriff Söder in allerlei Kombinationen auf Schritt und Tritt und wir haben heute schon überlegt, dass, wenn der Horst den Markus recht schurigelt, wir den Markus für ein paar Tage hierherschicken, zum Wiederaufbau des dann bestimmt geknickten Selbstbewußtseins.

Zur Vorbereitung dieser Motivatonstour starte ich hiermit für die Dauer unseres Aufenthalts in Stockholn eine kleine Kolumne mit dem Titel “Den Söder av dagen” (Der Söder des Tages).

Für den gestrigen Sonntag schafft es auf den ersten Platz: Der Söder griller. (Man möcht sich’s nicht en detail vorstellen…)

Mitternachtssonne

Die Mitnahme einer Schlafdunkelmaske habe ich hochmütig ausgeschlagen, weil ich ja auch bei Licht ganz wunderbar schlafen kann. Zum Beispiel um 02:00 Uhr früh, wenn die Sonne schon so hoch steht wie in München erst um sechse und die Vögel lärmen, als hätten sie auch diesen Tag selbständig herbeigesungen. Oder um 04:00 Uhr morgens, wenn die Sonne so hoch steht wie daheim um 12:00 Uhr mittags und ich schlafestrunken angesichts der Hitze im Zimmer von Sonnenschirmen und Kaltgetränken (ebenfalls mit Schirmchen) phantasiere.

Gegen 06:00 Uhr morgens ist sie dann an unserem Erker im 3. Stock vorbeigestiegen, und ich habs doch immer schon gesagt: ich kann auch im Hellen schlafen… Ganz wunderbar.

Schwedische Erfolgserlebnisse

  • Die Begrüßung “Ankommande Bagage” nicht persönlich genommen und dafür unser Gepäck unbeschadet zurück erhalten
  • Die Fahrscheinautomaten zweier Nahverkehrssysteme fehlerfrei bewältigt
  • Stoibers Traum wahrwerden sehen und in knapp 20 Minuten mit dem Arlanda-Express zum Zweifüreinensommersonderpreis vom Flughafen zum Hauptbahnhof geflitzt
  • Dorten sofort die “Tunnelbana” gefunden und uns nach kurzer Fahrt und noch kürzerem Fußmarsch in unser “Hotell und Pensionat” gleich ums Eck eingemietet
  • Bereits jetzt heftig in die schwedische Sprache verliebt, in sowas wie “Röda Korset”* und dass “Söder” hier nicht Heimatministerium bedeutet, sondern einfach nur Süden
  • Das Blondinenzählen schon wieder aufgegeben
  • Meine erste Krone auf der Hornsgatan gefunden
  • Den ersten von vielen langen hellen Abenden genießen; unter Fachleuten heißt diese Zeit “civil twilight”, wobei wir noch diskutieren, ob wir das lieber mit “Bürgerliche Dämmerung” oder doch (mein Favorit) mit “Ziviles Zwielicht” übersetzen sollen
  • Außerdem Marabou Schokolade, Ramlösa und morgen früh gibts Frukost.

 

* “Röda Korset” = Rotes Kreuz

Hörspiel

Großes Drama: Deutschland spielt gegen Italien um den Einzug ins Viertelfinale der EM. “Traditionell” sagt der Fußballexperte meines Vertrauens, “traditionell gewinnt Italien”. Traditionell ist es mir wurscht, mein Koffer ist gepackt, ich lese noch ein bißchen über Schweden (wobei ich die Wettervorsagen einfach ignoriere), dann mein angebissenes Buch, begleitet von Vuvuzela- und (!) Trompetentröten, zu Ende und dann geh ich gegen halb zwölf zu Bett, Schweden soll mich ausgeschlafen erleben.

Kaum liege ich, gehts los: mein schallverstärkter Innenhof stöhnt, grunzt, gröhlt, stöhnt wieder, jubelt, seufzt, keucht, schnappatmet, heult auf; wenn ichs nicht besser wüßte, würde ich vermuten, dass die Mitinsassen der Wohnanstalt kollektiv an der Synchronisation eines Gangbang-Porno mithechelten, es ist aber nur der Soundtrack zum Elfmeterschießen. Neugierig geworden schau ich mir den Lifeticker mit dem geschriebenen Wort auf dem Handy an; der ist aber naturgemäß etwas zeitversetzt und darum höre ich von meinen Innenhoffans schon viel früher, wie es ausgegangen ist (zu ihrer Zufriedenheit).

Erwäge für einen ganz kurzen Moment die Anschaffung eines Fernsehers. Aber wie oft ist schon Elfmeterschießen?

Bags packed, ready to go

Morgen früh werde ich noch ganz spontan entscheiden, ob der Rechner mitkommen darf (pro: gleich Blog schreiben, Photos runterladen und wenn’s wirklich regnen sollte auch bearbeiten; contra: alles andere) und dann gehts auch schon zum Flughafen.

Soviele Unterhosen und Socken habe ich schon seit ganz vielen Jahren nicht mehr für einen Urlaub eingepackt… Ich habe vorhin nachgesehen: meine längste Reise in Amerika war unser Nordtrip von San Francisco nach Vancouver. Der dauerte 10 Tage und galt in der Start-up-Welt schon als Fast-Sabbatical. Ach, Bundesurlaubsgesetz: ich mag dich.

Ferienmotto

Hab ich gestern gelesen und mich in meiner Therorie bestätigt gefunden, dass die richtigen Bücher zur richtigen Zeit eh von selbst kommen:

„Und dann muss man ja auch noch Zeit haben einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen.“ (Astrid Lindgren)

So mak we dat.

Freitagsabendkonjugation

Ich packe, du packst, er/sie/es packt. (Morgen dann.)

Ich vorfreue, du vorfreust, er/sie/es können sich fast nicht mehr beherrschen…

Nun muss ich nur noch meine Uralt-Rowohlt-Ausgabe von Tucholskys “Schloß Gripsholm” finden und mich erinnern, an welchem sicheren und leicht wieder auffindbaren Ort ich seinerzeit beim Kartons auspacken die Reservebrille deponiert hatte. Und dann ist auch schon bald Sonntag und Abflug.

Stockholm sagt inzwischen etwas wärmere Temperaturen voraus, und wo weather.com noch zwischen “scattered showers” und “scattered thunderstorms” für Anfang der Woche schwankt, bietet wetter.com “lockere Bewölkung” und verheißt “bis zu 10 Sonnenstunden” (pro Tag). Nehmen wir.

Aus meiner Arbeitswelt

Ein Mensch, der mit dem Unternehmen, bei dem ich arbeite, ins Geschäft kommen möchte, schickt heute als Konversationsstarter “voller Stolz” die “Sommerausgabe” seines ab sofort zwei Mal jährlich erscheinenden Fachblattes, mit dem Hinweis, man dürfe sich schon jetzt auf die “Weihnachtsedition” vorfreuen.

Elli Pirelli

Wem da nicht auch sofort der “Ich soll hier ein Rohr verlegen”-Einstieg aus den Siebziger Jahre Billig-Sex-Schmonzettchen einfällt, der hat seinen Pirelli-Kalender nie verdient…

Yes!!*

Laue Sommerabende mit bis in die Puppen ohne Jackerl im Biergarten sitzen – was hat mir das gefehlt und wie sehr genieße ich das!

@Stockholm: wir wollen uns mit der Wettervorhersage ein bißchen mehr Mühe geben: 17° bei bewölktem Himmel – das ist nicht, was der Tourist wünscht. Und die Touristin auch nicht.

* Man stelle sich dazu den angewinkelten Arm mit geballter Faust ruckartig nach unten gezogen vor.

Wie Donnerhall

Bisher ist mein Leben von der EM noch kaum touchiert worden, außer, dass ich, obwohl die Weltmeisterschaft 2014 verpaßt habend, inzwischen nachvollziehen kann, warum Vuvuzelas nicht zu den bevorzugten Musikinstrumenten der Menschheit gehören, denn ein Wohnanstaltsmitinsasse begleitet hier jeden Spielzug jeder Mannschaft mit lautem Tröten in den schallverstärkenden Innenhof.

Ach ja, eins noch: Das Ausscheiden der irischen Mannschaft hat mich um meine fest eingeplanten Zugfreifahrten im August gebracht (s. http://bit.ly/1sZyRAw) – hätte wohl besser auf Island tippen sollen…