Abenteuer Alltag. Heute: Sabine schickt einen Brief

Heute war ich auf der Post. Wieder mal. Und es wundert mich von Mal zu Mal weniger, dass Tommy Lee Jones nach seiner MIB Karriere mit seinen Alien-Kumpels ausgerechnet bei der amerikanischen Post arbeitet. Genauer gesagt: es wäre wirklich überraschend, wenn die dortigen Mitarbeiter intraterrestrische Wesen wären.

Um eine postale Dienstleistung zu erlangen, muss man Schlange stehen. Es handelt sich dabei in Amerika um ein nicht diskutierbares Naturgesetz. Vor mir standen bereits 14 andere “in line”, alle mit derselben stoisch-hoffnungslosen Miene und beobachteten, was sich gerade am (von drei möglichen) einzigen besetzten Schalter abspielte. Die Kundin hatte ein Paket gepackt. Schon zu Hause. Sehr gut. Es war aber in seinen Ausmaßen so groß, dass der Versand teurer zu werden drohte als beim letzten Mal. Ausweg: verkleinere die Umverpackung. Einen solchen Karton steckte ihr die Schalterkraft unter dem Siegel der Verschwiegenheit und den wachsamen Augen von nunmehr bereits 18 wartenden Menschen zu. Wir wurden Zeugen, wie die Kundin am Schalter, unter dem wohlwollenden Blick der Postrepräsentatin, ihr Paket erst mühselig öffnete, dann das Zeug umpackte und schließlich feststellte, dass nach oben hin noch ein wenig Luft zu sein schien. Hmmm. Was tun? Da fiel ihr ein, dass sie noch eine Plastiktüte in der Handtasche hatte, welche sie entnahm, entfaltete und dann – eher luftig – knautschte und ins Paket gab. Eine reichte nicht. Die Schalterfrau gab ihr noch eine. Knautschen, ins Paket legen – immer noch nicht genug. Unter den fassungslosen Blicken der Warteschlage (22 Personen) wurden einzeln so lange Plastiktüten gereicht, zerknüllt und in den Karton gegeben, bis dieser zur Zufriedenheit der beiden Damen gefüllt war. Dann wurde gewogen und frankiert. Das hätte das Ende dieser Beziehung sein können, aber weit gefehlt: die Postfrau lieh der Kundin den posteigenen Paketklebebandabroller. Und überwachte mit Argusaugen den Klebeprozess. Und da sich die Kundin dabei herzlich blöd anstellte, gingen vom Kennenlernen der Beiden bis zum Abschied (manifestiert durch die endgültige Rückgabe des posteigenen Paketklebebandabrollers an die Fachkraft) endlose 24 Minuten ins Land. Die Warteschlange umfaßte inzwischen mehr als 30 Personen und wurde von der Postschlangenfachkraft mittels Absperrbändern verwaltet.

Anschließend mußte das Paket noch an den eigentlichen Paketschalter verbracht werden, und dort auf die “ich-bin-ein-fertig-frankiertes-Paket-und-warte-auf-Weiterverarbeitung-Ablage”. Das ging nicht, da stand schon eins, das der Aufmerksamkeit des Postpersonals entgangen war. Wir standen kurz vor dem Ausruf eines Bombenalarms (und der Räumung der Betriebsstätte inkl. Warteschlange) bis ein findiger Postler entdeckte, dass das Paket schon frankiert war. Frankiert, das bedeutet nach deren unergründlichem Ratschluss: keine Bombe. Also konnte das wartende Paket in die Weiterverarbeitung geschickt, und das neue in die Warteschleife aufgenommen werden. Endlich.

Dann gings recht zügig, bis ein Herr sein Schreiben nach Ohio unbedingt via “international express” senden wollte; der war aber Argumenten zugänglich und konnte auf seinen Anspruch auch leicht verzichten.

Ich? Ich wollte doch bloß einen Brief nach Deutschland schicken, der ein bißchen schwerer war, als die üblichen 2 Seiten. Ich hatte zur Wahl eben den internationalen Express (5-10 Businessdays, 28 Dollar Porto), Priority Mail (6-10 Businessdays, 12 Dollar) oder First Class (5-10 Businessdays, 94 Cent). Das letzte Mal kostete dieselbe Versandart, bei weniger Gewicht, zwei Dollar.

Ich sags ja: Aliens. Die habens nicht so mit den hiesigen Geldwerten.

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