Dieses kürzlich erschienene Werk der chinesischstämmigen Amy Chua über ihre rigid-autoritären Erziehungsmethoden (und deren Erfolge) hat für viel Wirbel gesorgt. Grund dafür dürfte nicht nur die Angst Amerikas sein, vom ehemaligen Entwicklungsland China nicht nur wirtschaftlich überholt zu werden, sondern auch die natürliche Neigung des Amerikaners, sich Lebenshilfe aus Ratgebern holen zu wollen (getreu der Maxime “one size fits all”*) und der latente Zweifel eines jeden Elter, ob man denn wirklich “good parenting” betreibt. (Man unterscheidet hierbei die asiatische Tiger Mom, deren Mindesterwartung an das Kind ausschließlich Bestleistungen in der Schule sind und die damit droht, alle Stofftiere zu verbrennen, wenn das Klavierstück das nächste Mal nicht vollkommen fehlerfrei gespielt wird; den amerikanischen Parens helicopterus (“Chopper Mom”), der schon seinem winzigen Baby Einstein jedes Hindernis aus dem Weg räumt und fortan mit Argusaugen kreisend über ihm wacht, um die Brut jederzeit aus dem Feuersturm (mindestens) zu retten. Daneben gibt es noch – finde ich sehr hübsch – die meteorologisch korrekten “Scandinavian Curling Parents”.
Eine Beobachtung finde ich sehr klarsichtig. In der “chinesischen” Erziehung mit starkem Impetus auf Disziplin, Drill und Übung gehe es darum, ein Ziel zu erreichen, Wissen, Können, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben. Dabei traut man dem Kind die Stärke zu, rüde Methoden auszuhalten. Amerikanische Eltern trachten danach bei ihrem “poor baby” bloß kein Scheitern (no failure) zuzulassen – weswegen in ihrer Sichtweise die Verantwortung für schlechte Noten eher dem Lehrer als dem Schüler zuzuschreiben sind. Und dann wundern sie sich, warum ihre Kinder sie trotz aller gewährten Freiheiten genauso hassen wie Tiger Kids ihre strengen Tiger Moms. Übrigens sehr schön reflektiert in dem Erziehungsratgeber: “Get Out of My Life, but First Could You Drive Me & Cheryl to the Mall”.
* Die Bekleidungsindustrie ist (möglicherweise durch Schadenersatzzahlungen klüger geworden) hier einen Schritt weiter; T-Shirts und dergleichen werden inzwischen mit “one size fits most” beworben.