Als Theaterbesucher in Müncher ist man ja so verweichlicht. Wenn hier ein Dreistundenstück gespielt wird, dann ist seffaständlich zwischendrin eine Pause angesetzt, damit sich Publikum und Schauspieler vor dem zweiten Teil entspannen können.
Nicht so beim Faust-Marathon in Hamburg. Da sieht der Zeitplan aus wie folgt: “Dauer: 8:30h, inklusive drei Pausen. Bei Beginn um 14.00 Uhr ist die 1. Pause von 17.10-18.10 Uhr, die 2. Pause von 19.35-20.00 Uhr, die 3. Pause von 21.05-21.30 Uhr. Die Vorstellung endet gegen 22.30 Uhr.”
Der Regisseur erklärt dem ausverkauften Haus kurz, dass es sich – vorerst – um die letzte Derniere der vielfach preisgekrönten Aufführung handle, wünscht viel Spaß und Durchhaltevermögen und dann geht es los. In der Originalbesetzung von vor 14 Jahren (was ungerechterweise bei den Männerrollen kein Problem ist, Gretchen allerdings ein bißchen alt aussehen läßt; Patrycia Ziolkowska läßt aber weder sich noch das Publikum davon irritieren). Drei Stunden Faust I, die vergehen wie nichts. So toll ist das, was da vorne geboten wird. Es hilft, dass oben an der Bühne in roter Leuchtschrift gezeigt wird, wo im Stück man sich gerade befindet.
Uff! Und schade. Schon aus. Wir brauchen jetzt ein Klo, Kaffee, was zu essen und etwas Bewegung.
Faust II: Wieder betritt Nicolas Stemann die Bühne und führt in das Stück ein. Einführung des Papiergeldes, vermeintlicher Wohlstand und tiefer Sturz, reichlich klassische Bildung (jaha, Herr Goethe), griechische Mythologie, Mittelalter, Walpurgisnacht und Mummenschanz auf der Bühne, Zeuch und Kruscht, von der kleinen in die große Welt.
Es mag sein, dass Goethe dieses sein Werk wichtig gefunden hat und es steckt ja auch viel Arbeit drin und ein gerütteltes Maß an Zitatenschatz fürs deutsche Volk, aber gebraucht hätte die Welt das nicht. Es ist den Thalias dafür zu danken, dass sie aus der sperrig-gestelzten Bildungsbürgersprache ein lustig-lautes Spektakel mit Puppenspiel, vielen Farben, bunten Kostümen, Spielplatz, ordentlich eingesauter Bühne und Strichliste gemacht haben. Sonst wäre das Haus nach 20 Minuten leer gewesen. So bleibt es bis zum frenetischen stehenden Schlussapplaus voll und das Publikum mit Freude und viel Szenenapplaus dabei.

Illegal beim Schlußapplaus fotografiert…
Danke für die Idee und die Gastfreundschaft, Ihr Lieben.