Also pass auf: ein Inspektor verschwindet. Grund- und spurlos. Seiner Gattin bleiben nur noch kryptische Abschiedsanweisungen. Was tun?
Isdochganzeinfach: Madame schafft den Zwillingsbruder des Gatten ran. Dass der seit über 30 Jahren zurückgezogen von der Welt mutterseelenallein und menschenscheu im buchgefüllten ehemaligen Elternhaus lebt und seine Tage damit füllt, Kreuzwort-, Silben- und Zahlenrätsel (“Puzzles”, merken, das wird wichtig) zu erfinden und erdenken? Geschenkt. Er, so hat sich die Gattin des Verschwundenen gedacht, soll einfach die Identität des Bruders annehmen, schießlich sehen sie sich, inklusive der ergrauten Stellen in den Vollbärten immer noch ähnlich wie ein Ei dem anderen. Macht er schließlich auch, wider besseres Wissen und gegen jede Überzeugung. Denn er ist ein guter Mensch und die Frau seines Bruders, ihre ehemalige gemeinsame Kindheitsgespielin, war heranwachsend auch beider große Liebe. Der Bruder hat bloß gewonnen, wie immer.
Und so kommt es, wie es vorhersehbar kommen muss. “John” wird zu “James” und, statt nur schnell das brüderliche Notizbuch aus dessen Büro zu holen, löst er prompt mit seiner Puzzlemethodik (s. o.) seinen ersten Mordfall.
David Mitchell ist natürlich die Idealbesetzung für die Brüderrolle. Er hat nicht umsonst über die letzten vielen Jahre seine Persona vom privatschulgebildeten Kinde und studiertem Historiker, der der Popkultur und vor allem dem Sport gänzlich abhold ist, aber jederzeit aus dem Stand frei und langatmig zu Kathedralenbaustilen oder Herrscherdynastien vortragen kann, intensiv ausgebaut (“repressed posh middle-aged Britisch man”). Zudem ist er ein begnadeter Komiker.
Über bis dato sechs Folgen löst dieser Detektiv wider Willen, mit toller Mimik und lustigen Bonmots absurde Kriminalfälle, während er trotz wilder Intrigen und abstruser Verschwörungstheorien der Auflösung des Rätsels um das Verschwinden seines Zwillings zunehmend näher kommt. Ich hatte mehrfach den Eindruck, dass während der Dreharbeiten immer wieder neue schräge Eigenschaften der Mitchellschen Figur aufgenommen und eingebaut wurden – und das Drehbuch nicht zwingend angepasst wurde. Manchmal vergessen sie auch, dass der echte Mitchell beweglicher und agiler ist, als der Stubenhocker-Detektiv. Ist aber nicht schlimm.
Mit weiteren Folgen ist zu rechnen, jetzt, wo der Vorhang zu und noch viele Fragen offen sind. Man muss diesen “very British”-Stil mögen, und wenn das so ist, ist man hier gut aufgehoben. Aktuell nur auf BBC-Player.