Da war ich also: sonntags, zur besten Sendezeit (das Spiel fing wegen der Werbung um 01:05pm an), inmitten johlender und grillender Fans (auf dem Parkplatz, teilweise schon in den frühen Morgenstunden fürs Barbecue angereist), an HotDog- und Burritobuden vorbei, auf der Rolltreppe auf dem Weg in den Fanblock der San Francisco 49ers im Candlestick Stadium, dem Monsterpark.
Inzwischen haben wir schon Mittwochabend und ich habe den Sonntag noch nicht fertiggeschrieben; Zeit ist halt leider nicht unbegrenzt dehnbar.
Also, nochmal zum Sonntag: wir saßen also mitten im Fanblock der seit Monaten nur verlierenden 49ers und haben uns das ganze Programm gegeben: mit aufmarschierenden Kapellen und Hupfdohlen (das sind auch Profis und das sieht man) und Absingnen der Hymne sowie dem Appell, unserer Jungs im Feld zu gedenken. Jürgen hat sehr bemängelt, dass es kein Fly-Over gab – vielleicht liegt das Stadion doch zu nahe am Flughafen. Das Maskottchen der 49ers ist Sam, so ein Howdy-Geschöpf mit Cowboy-Hut und Halstuch, dem ein kleiner ähnlich aussehender Sammy beigegeben ist – paßt irgendwie zu dieser Stadt.
Gleich ein kleiner Exkurs: dieses Sam-Wesen steht natürlich immer und immer wieder auch für Fan-Photos (“ich und Sam”) zur Verfügung und man bringt Neugeborene, Krüppel und Greise zu ihm, auf dass er sie segne – so zumindest sieht es für Außenseiteraugen aus – oder?
http://picasaweb.google.de/mucbiene/Fourtyniners#
Vor lauter Ummichschauen hatte ich mal wieder nicht mitbekommen, dass das Spiel schon angefangen hatte… aber dann war’s wirklich klasse. Jürgen hat Ahnung von der Materie und viel erklärt und schon im 2. Viertel habe ich mich dabei ertappt, wie ich auch bei guten Spielzügen aufspringe und “go go go” brülle. Dazu muss man erst mal verstehen, was denn gute Spielzüge sind. Guter Lehrer. Footballgames sind in der Hauptsache Entertainment. Gerade NFL-Spiele. Dieses wurde landesweit übertragen, das heißt, dass das Publikum im Stadion während der vielen vielen TV-Werbepausen unterhalten werden muss. Man kann zB auf einem Riesenbildschirm die gleiche Werbung gucken, wie die Leute zu Hause an den Empfängern. Oder sich an den Cheerleaderinnen ergötzen. Wobei ich bei denen zwiespältig bin: die Kostümchen sind eine seltsame Mischung zwischen sexy und bieder – und die Damen irgendwie auch. Groß, langes Haar, offen getragen, lange Beine, vielzahniges Lächeln, aus allen Ethnien – aber es fehlt dieses je ne sais quoi. Mir fehlt es. Bin aber auch nicht ganz die Zielgruppe.
Man kann auch zu essen und trinken holen oder gebracht bekommen oder Jungs beim Kunstradfahren zusehen, oder auch Bilder von sich, Sam und Sammy machen (lassen) – es bleiben die wenigsten Zuschauer während dieser vier Viertel auf ihren Plätzen. Wie ich montags von meinem Kollegen Jesse erfahren habe, trifft man sich morgens zum “Camping” (so nannte er das tatsächlich) auf dem Parkplatz, schmeißt den Grill an, trinkt viele Dosen Bier und gerne auch mal was Härteres, schaut sich die Übertragung im Fernsehen an, geht während des 2. Viertels auch mal ins Stadion (ich habe den Verdacht, weil dort die Toiletten sind), guckt ein Weilchen zu und spätestens Mitte des 3. Viertels geht man dann wieder mit oder zu den Buddies auf den Parkplatz.
Wir haben bis zum Ende zugesehen. Die Niners haben tatsächlich gewonnen, das konnte keiner so recht fassen. Allerdings hatten sie schon im 3. Viertel so einen guten Vorsprung, dass sie den im 4. nur noch gehalten haben und damit war die Luft sehr raus. Trotzdem. Gezahlt ist gezahlt und wir hatten sehr gute und teure Plätze fast direkt am Spielfeld.
Was mir extrem positiv aufgefallen ist: die Fans sind sehr gemischt, alle Altersgruppen, Ethnien und Geschlechter, überhaupt nicht aggressiv und ein guter Spielzug des Gegners wird auch gewürdigt – wirkliches Fairplay und der Begriff des Hooligan ist unbekannt. Wer besser ist, hat es auch verdient, zu gewinnen.
Sehr viel Spaß hatte ich an der Erklärung des Stadion-Sprechers (mit Bildchen auf Großleinwänden), wie denn die 80.000 Menschen nach dem Spiel am besten wieder wegkommen: “head North when you want to go South – it may sound crazy, but it will work”. Wir sind ganz vorbildlich mit dem Caltrain gefahren (“to use Public transport, check 511.org to get routes and fares”). Hat man ja im Stadion auch immer mit, so ein Internet. Der Weg zum Bahnhof führte unter der Autobahn durch, war zwischenzeitlich nur noch ein wenig staubiges Bankett und die Station liegt gleich an der Mülldeponie. Sie geben sich hier schon größte Mühe, das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel so attraktiv wie möglich zu gestalten…
So, das wäre der Sonntag gewesen. Wenn ich später noch Lust habe (und nicht zu satt bin vom Schweinebraten) erzähle ich, was bis heute noch so passiert ist, ihr habt aber nicht viel verpaßt. Gebt euch noch die Zeit, die Bilder aus dem PS anzusehen – das war ein herrlicher Tag.