Gelesen: Margaret Atwood – “Hag-Seed”

So ein schönes Buch! So ein großer Spaß! Selten so viel gelacht!

Aber von Anfang an: “Margaret Atwood?”, werden aufmerksame Leser*innen sagen, “Margaret Atwood, ist das nicht die, von deren Düster-Dystopien du immer sagst, dass wir sie lesen sollen…? Und die, sagst du, hätte jetzt mal schnell das Genre gewechselt und schreibt Unterhaltungsliteratur (was man sich immer wie von Reich-Ranicki ausgespuckt gesprochen vorstellen muß)? Ausgerechnet die?”

Yes, Mesdames et Messieurs, Ladies and Gentlemen, meine Damen und Herren. Si, si, si, oui oui oui, ja, ja, ja. Und wie!

Und auch hier von Anfang an: Im Jahr 2013 hatte Hogarth Press (Penguin Random House) das “Hogarth Shakespeare project” ausgerufen, einen Versuch, Shakespeare für das Publikum des 3. Millenniums “neu” zu erzählen und dafür bekannte Autor*innen unter Vertrag genommen. Deren Auftrag war, sich ein Stück aus dem weiten Schaffen des Barden zu wählen und zu produzieren, was Graham Wolfe “theatre-fiction” nennt. Inzwischen scheint das Projekt eingeschlafen zu sein, aber glücklicherweise nicht bevor Ms. Atwood die Welt mit ihrer neuen Lesart des Sturms (The Tempest) beglückt hat.

Ich kenne das Stück rückwärts, habe es schon oft gesehen und kann die wichtigsten Zitate halbwegs im Zusammenhang aufsagen, selbst, wenn man mich dafür morgens um drei wachrütteln würde. Aber ich habe noch nie zuvor eine so brillante Analyse gelesen und noch nie soviel Freude bei einer Lektüre über ein Theaterstück gehabt. Ms. Atwood kennt den Theaterbetrieb in- und auswendig, kennt alle Macken, die Schauspieler*innen und Regisseur*innen haben können und gerne ausleben, macht sich daraus einen Riesenjux und dass sie schreiben kann, ist nichts Neues. Wie und was sie nun aus dieser verschachtelten Story macht? Erzähle ich nicht. Empfehle aber aus vollem Herzen: Lesen! Lesen! Lesen! Lesen!

Her mit dem Nobelpreis, oh verschlafenes Kommittee in Stockholm!

An die Theaterschaffenden in meinem Freundeskreis: das Buch ließe sich sehr schön für die Bühne adaptieren. Ich hätte da schon ein paar Ideen.

PS: Jo Nesbø hat sich des Macbeth angenommen. Ist schon auf meiner Leseliste. Ich werde berichten.

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