Butler läßt diesen Band im Jahr 2032 beginnen, in dem Jahr, in dem das amerikanische Volk einen Ex-Senator aus Texas zum Präsidenten wählt, der auf Massenveranstaltungen seinen Anhängern verspricht, Amerika wieder “great” zu machen und auf einem Evangelikalen-Ticket reist. Eine Nation soll dieses Land wieder (?) werden. Eine starke Nation unter einem einzigen alttestamentarischen Gott.
Alle Anders- oder gar Nichtgläubigen werden noch vor, aber dann legitimiert nach der Wahl, mit der vollen Gewalt des Staates brutal “umerzogen” oder ausgemerzt.
Erstveröffentlicht wurde das Buch 1998.
Es ist eine grausige Zukunft, die Butler, eine echte Seelenschwester Margaret Atwoods, für die Menschen zeichnet, die nicht Mitglieder der religiösen Machtzirkel sind. Und wie in jeder monotheistischen Struktur, in der Männer das Gesetz auslegen und sind, leiden Frauen besonders.
Sie erzählt auch diese Parabel wieder in Rückblenden, in Tagebucheinträgen und aus mehreren Perspektiven. Das macht es einem noch schwerer, die Heldin zu mögen. Sie ist eine altruistische Überfrau, selbst im Gefangenenlager, wo sie nicht wäre, hätte sie nicht ihre Sekte und deren Mission über alles, auch über die Sicherheit ihrer eigenen Familie gestellt. Butler gelingt die Höchstleistung, dass Lesende alle Seiten verstehen. Keiner ist ohne Schuld. Keiner hat ganz recht. Keiner hat ganz unrecht. Diese Vielschichtigkeit macht diesen Band zu einer sehr anstrengenden, aber auch sehr lohnenden Lektüre.
Butler hatte ursprünglich eine Trilogie geplant. Für den letzten Band, Parable of the Trickster, der die Kolonisierung eines Planeten beschreiben sollte, gibt es Entwürfe. Leider ist sie vor Vollendung verstorben. Ich hätte ihre Vision von einer neuen Gesellschaft in den Sternen sehr gerne gekannt.
Aber immerhin. Es gibt diese beiden Parabeln. Lesen! Lesen! Lesen! Lesen!