Schon als ich letzten Sommer ein Interview* mit David Schalko hörte, bei dem auch seine Serie “Braunschlag” und der Film “Der Aufschneider” (s. https://flockblog.de/?p=31424) erwĂ€hnt wurden, wuĂte ich, dass ich “Schwere Knochen” unbedingt lesen und gut finden will. Dann kam dies dazwischen und das und dann wars auf einmal zwischen den Jahren 2018 und 2019 und die Zeit reif.
Wow! Schalko erzĂ€hlt in einer sehr kauzigen, sehr lakonischen und sehr österreichischen Sprache vom Schicksal einer Handvoll Kleinkrimineller im Wien vor dem “AnschluĂ”, ihren KZ-“Karrieren” und der Zeit nach dem Krieg bis in die frĂŒhen 60er Jahre. Vom besetzten Wien, dessen ViermĂ€chtestatus (wer jetzt an den “dritten Mann” denkt, denkt richtig) bis zum AbschluĂ des Staatvertrags und der Ausrufung Ăsterreichs zum neutralen Staat 10 Jahre dauert. 10 Jahre, in denen die nunmehr Schwerkriminellen das Heft in die Hand und die Stadt ĂŒbernehmen. Wo Grenzen, da Schmuggel. Wo mehr Grenzen, da mehr Schmuggel. Schnell ergaunern sie sich ihr eigenes Wirtschaftswunder als Verbrechersyndikat mit geteilten Aufgabenbereichen (analog zu den Sektorengrenzen). Prostitution, GlĂŒckspiel, Diebstahl, Raub, Mord…
Schalko baut einen ganz eigenen Kosmos aus ganz eigenen Figuren, denen er die wildesten Biographien andichtet und obwohl sie Verbrecher und SchlĂ€ger und Nutten und BetrĂŒger und empathielose DrecksstĂŒcke und ganz und gar Wahnsinnige sind, mag man sie als Leser alle leiden. Weil ihr Autor sie mit sehr schwarzem Humor und wilden Worten beschreibt und sie SĂ€tze sagen lĂ€Ăt, die man sich gerne gerahmt an die Wand hĂ€ngen wĂŒrde. Gerne als Kreuzstickstickerei. Tu felix Austria kriegst so dermaĂen eine auf den Deckel!
Ich wĂŒrde sagen, wir halten uns jetzt alle nicht mehr mit der Rezension auf, sondern setzen uns mit dem RĂŒcken zum Fenster in die warme Stube und lesen! Lesen! Lesen!
PS: Ein besonderer Dank geht an den Verlag Kiepenheuer & Witsch. Erstens haben sie ein sehr Lesefreude steigerndes schönes gebundenes Buch mit Schutzumschlag und LesebĂ€ndchen herausgebracht und zweitens eines, das die Dummheiten der letzten groĂen Rechtschreibreform ignoriert und nur benutzt, was daraus sinnvoll und logisch ist. Trotz halbherziger Recherche (“Du, Google, wer ist denn bei KiWi fĂŒr die Rechtschreibung in BĂŒchern zustĂ€ndig?”) habe ich nicht herausgefunden, wem dafĂŒr zu danken ist. Tue es aber hiermit trotzdem und mit Nachdruck.
* Interview auf BR2: https://bit.ly/2JMlCQi
wos haast do “Mord”? da Krutzler Ferdinand wiad ja ned ohne grund Notwehr-Krutzler genannt … des woa imma nua Notwehr, heast!!!