Marie Reiners ist bisher vor allem als Drehbuchautorin in Erscheinung getreten, ihr bis dato größter Erfolg dürfte die Serie “Mord mit Aussicht” sein, verfilmt mit Caroline Peters und Bjarne Mädl. Nun hat sie Prosa produziert. Der Verlag nennt das Werk einen Roman.
Die Hauptperson ist Bärbel. Mitte 50, Hundehalterin, alleinstehend. So alleinstehend, wie man nur sein kann, wenn man als Vierzehnjährige den Selbstmord seiner Eltern vertuscht und die Leichen verschwinden lassen hat. Seitdem lebt sie allein und pflegt nur die allernötigsten Kontakte zur Außenwelt, geht aber, wenn sie nicht gerade Tiere präpariert oder Homeshoppingshows guckt, immer viel und lange mit Hündin Frieda raus. Auf einem dieser Spaziergänge findet sie im Wald eine männliche Leiche und der Schlamassel beginnt.
Reiners hat sich ein paar hübsche Versatzstücke einfallen lassen, wie zum Beispiel Bärbels Tick, die anderen handelnden Figuren nicht mit deren Eigennamen, sondern nach ihrer äußeren Erscheinung zu benennen. Die zartgliedrige Frau mit dem rötlichen Haar und den Rehaugen heißt… na wie wohl? Genau. Bambi. Der tote Mann im Wald wird MAMIL genannt, das steht für “middle aged man in Lycra”, wobei dieses Radleroutfit im Laufe der Erzählung gar keinen Sinn macht, außer, dass es halt lustig sein soll, vom “MAMIL” (immer in Großbuchstaben und als Neutrum) zu sprechen. Der Lokalreporter mit der Glatze ist der “Overcomb” und die junoische Frau im Aufzug, die nach Lucky Strike und Bourbon riecht, dieser Logik folgend “Liberty”. Das ist bedingt komisch, könnte man aber gelten lassen.
Wirklich schlimm wird es erst, wenn man sieht, was Reimers mit ihrer Bärbel macht. Sie kann sich nicht entscheiden, ob Bärbel eine lupenreine Psychopathin (geht über Leichen, sieht darin aber kein Problem, schließlich wären die Leichen keine Leichen, wenn sie sie in Ruhe gelassen hätten), ein verschrecktes Hascherl mit einer starken Asperger-Ausprägung (ui, was ist alles in dieser Welt geschehen, seit ich mich 40 Jahre lang nicht beteiligt habe und wie wechselt man bloß auf einem Smartphone die Bildschirmansicht), eine sehr einsame, leicht zurückgebliebene, sehr traurige Existenz (vielleicht will Bambi doch meine Freundin sein, wenn ich auch mal nett bin) oder irgendwas dazwischen oder was ganz anderes sein soll. Das macht das Lesen sehr mühselig. Gegen Ende, als alle Handlungsstränge entwirrt und viele Protagonisten tot sind, legt sie zu allem Überfluß die Möglichkeit einer Fortsetzung an.
Danke, Frau Reiners. Aber nein danke. Bleiben Sie bitte bei Ihren Leisten und schreiben Sie weiterhin Drehbücher. Das können Sie. Das können Sie gut. Aber lassen Sie sich nicht von falschen Freunden wie Iris Kirschenhofer vom Fischer Verlag dazu “motivieren” weiter solchermaßen unzulängliche Schnurren zu schreiben. Dafür sollten Sie sich zu schade sein. Meine Zeit ist es mir unbedingt.