Villa Stuck, Ausstellung: Thomas Hirschhorn »Never Give Up The Spot«

Gleich am Eingang erklärt ein reizender junger Mann Besuchern das Projekt. Man wolle Kunst wieder (?) für alle zugänglich machen, auch für die, die sonst eher nicht ins Museum gehen. Deshalb verlange man auch keine Eintrittsgeld. Und irgendwie stecke doch das Verlangen, sich auszudrücken, in einem/einer jeden (–> s. a. Beuys, Josef: “Jeder Mensch ist ein Künstler”) und dem wolle man hier Raum geben. Deswegen sei jede/r eingeladen, kaputtzumachen, hinzuzufügen, wegzunehmen, zu ändern, zu malern, nageln, kleben*, schreiben, musizieren, egal… halt zu machen. Oder auch nicht. Oder so. Damit entläßt er uns in einen wilden Verhau von Balken, Pappdeckeln, Farben, Styropor, Zeugs, Kruscht, Krempel, Klebeband und mehr Klebeband und da stehen wir nun.

Aha.

Das Gerümpel zieht sich über zwei Etagen in der Stuck-Villa und scheint schon viele Menschen dazu inspiriert zu haben, auch was zu kleben, zu sprühen, zu zeichnen, Sprüche aufzuschreiben, Bücher zu verkleben, Styropor zu zersägen, mit Zeugs rumzubatzeln, irgendwas aufzuhängen oder einfach fallen zu lassen. So sah es weiland im Tacheles in Berlin kurz vor dem Abriß aus, als die Künstler das Haus längst wieder verlassen (und sich nicht mit Aufräumen aufgehalten) hatten.

Intellektuell ist durchaus nachvollziehbar, wo Hirschhorn hin will, praktisch stehe ich aber einfach im Dreck und es riecht nicht gut. Vielleicht wäre die ganze Angelegenheit in einem abbruchreifen Industriebau besser aufgehoben gewesen, hier in der großbürgerlichen Villa kann ich mit diesem Konzept nicht viel anfangen. Möglicherweise sollte man sich als Begleitung ein Kind mit noch formbaren Sehgewohnheiten ausleihen, wenn es gerne bastelt, wäre das wünschenswert, aber kein Muß.

Falls wer hingeht, würde mich gerne über seinen/ihren Eindruck unterhalten.

 

* Der Künstler muß günstig an größere Chargen Paketklebeband gekommen sein. Alles, alles, alles, Sofas, Treppengeländer, Decken, Leinwände, alles, alles, alles ist verklebter und eingepackter, als Christo und Jeanne-Claude es je gewagt hätten. Von überall her fingern Klebebandkaskaden an Haaren und Mantel, am Boden warten dicke Wickelnester aus Klebeband auf einen arglos hineintretenden Fuß (der ist dann weg), an Wänden, Fensterrahmen, Kronleuchtern klebt es und ich kann mir noch so sehr das Hirn zermartern: der Sinn will sich mir einfach nicht erschließen. Wahrscheinlich ist das infektuös und bei mir auch schon was verklebt.

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