Neu auf HBO: Fahrenheit 451 (2018)

So ein schlechter Film. So ein entsetzlich schlechter Film. Grauselig. Ramin Bahrani hat sich Ray Bradburys Geschichte für seine 3. Millennium-Adaption zurechtgeschrieben und in einem Aufwasch den Film gleich inszeniert und mitproduziert – und damit erfolgreich verhindert, dass ihm irgendwer in diesen Stuß hineinredet.

Spoiler – Spoiler – Spoiler

Ich will ja nicht so sein – der Anfang ist gar nicht so übel. Neuzeitliche Bücherverbrennungen in lodernden Farben werden mit denen der Nazis in Schwarz/Weiß gegengeschnitten und es brennt nicht nur der westliche Kanon, sondern Literatur, Malerei, Filme, Noten und Datenträger aller Art aus der ganzen Welt. Soweit über den Tellerrand, so gut. Warum Black-Panther-Darsteller Michael B. Jordan den bücherverbrennenden Feuerwehrmann Montag darstellt? Man weiß es nicht, gut macht er es nicht. Er kann/darf nur rehäugig betroffen oder brüllend in Rage, Zwischentöne Fehlanzeige. Seinen Chef und Ziehvater Captain Beatty (in einer Uniform, die als einzige von allen im Konförderiertenstil geknöpft war – WTF?) gibt Michael Shannon wieder als autoritären und machtbesessen Widerling wie schon seine Figur in “The Shape of Water”; wenn der nicht aufpaßt, ist er für den Rest seines Lebens auf diese Typen festgelegt. Alexa heißt hier “Yuxie” und gibt zu allem ihren Senf dazu; das ganze Menschenleben ist von Socialmedia getrieben, erste Bürgerpflicht ist, “happy” zu sein, Projektionsflächen für ununterbrochen laufendes Fernsehen sind die Wolkenkratzer der Städte und jeder ist eines jeden Denunziant. Die Aufforderungen “Stay Vivid” und “See something – Say something”* blinken ununterbrochen von den Monitoren.

Und in dieser schönen neuen Welt nun verbrennt Montag Bücher und gelegentlich Menschen, warum, wird nicht erklärt, es könnte sein, dass es daran liegt, dass Lesen Menschen verwirrt oder vom Glücklichsein abhält, man weiß es nicht so genau, aber dann trifft er eine lesende Außenseiterin (Sofia Boutella) (Merke: Außenseiterinnen erkennt man an den strähnigen Haaren) und dann mag er auf einmal Bücher gern und die Frau auch und verbrennen möchte er eh schon nichts mehr und dann trifft er die Leute vom Widerstand, die Bücher auswendig lernen, aber, weil, wir sind ja in der Neuen Zeit, auch schon eine DNA-verändernde Substanz erfunden haben, und alles, was je an Kunst produziert wurde, ist jetzt im Erbgut eines kleinen Vögeleins, das nach Kanada (!) gebracht werden soll und dann wird unser Held von einem bösen Kollegen, der eigentlich nur auf seinen Job neidisch ist, verraten und die Feuerwehrleute zünden Haus und Bibliothek der “Eels” an (“Eel” bedeutet Aal und warum lesende Menschen nach einem länglichen schleimigen Fisch genannt werden, der noch nicht mal ein Buch festhalten könnte, geschweige denn lesen, erklärt einem auch keiner), ahaber er schafft es in letzter Minute, den Vogel freizulassen und der fliegt dann selbständig über das weite Meer (WTF?) und Felder und Wälder und muß nicht mehr mit dem Auto gefahren werden – sollte wahrscheinlich eine “Gedanken sind frei”-Metapher sein – und wenn nicht, ist auch wurscht. Was ein Schwachsinn!

Sehr faszinierend fand ich, dass bei all dem Feuer und Qualm niemals auch nur ein Mensch hustet oder tränende Augen hat – ich kann mir das nur damit erklären, dass es sich um eine Nebenwirkung der gesundheitsfördernden Drogen der Neuen Zeit handelt. Nicht etwa um einen Continuity-Fehler.

Ein Gutes hat diese abgrundtief schlechte Produktion aber doch: ich habe ich richtig Lust auf die alte Truffaut-Verfilmung mit Oscar Werner bekommen. Vor allem auf die letzte Szene im Birkenwäldchen, in der alle Bücher memorieren. (Ich bin gespannt, ob die wirklich so ist, wie meine Hirn glaubt, sich zu erinnern.)

Ach ja, nicht anschauen. Bloß nicht.

 

* Das ist ein Zitat. Den Slogan gibts in den USA des Jahres 2018 schon, genau wie den Klassiker “Report drunk Drivers”.

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