oder
Zwei Blondinen in der Vorhölle*
Vorrede: Ich ärgere mich eigentlich immer, wenn ich auf meinen Bankauszügen wieder eine unverschämte Abbuchung der GEZ finde (für gerade mal gelegentliche Tatorte und das Autoradio) und habe neulich mit einem Kollegen eine vergnügliche Viertelstunde damit verbracht, uns sinnvollere Verwendungen für das gute Geld auszumalen – aber für diese aus der Mediathek gefischte, weil von den Programmverantwortlichen der ARD im Nachtprogramm (21. Dezember, 22:55 Uhr) versteckte Preziose, habe ich meinen Dezember-Zwangsbeitrag ausnahmsweise gerne entrichtet.
Olli Dittrich gibt die angejahrte Schlagertrine Trixie Dörfel beim Kaffeeklatsch mit Stadltante Stefanie Hertel, so süßlich und so punktgenau, dass beim Zusehen die Zähne schmerzen. Trixie war mal Kinderstar, ihr Hit “Zwei Kugeln Eis mit Sahne” löst im Hirn der Betrachterin sofort freies Assoziieren aus und landet irgendwo zwischen Udo Jürgens und Great Balls of Fire. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht mehr, ob er eingespielt wurde oder ob ich nur anhand der begnadeten Darstellung des Herrn Dittrich ganz genau weiß, wie er klingt.
Trixie ist schon länger nicht mehr die Jüngste, sie zehrt von ihren noch länger zurückliegenden Erfolgen und streckt sie mit Homeshoppingpromotionen, unter anderem der Kosmetikserie “Trixiebzehn” (hach, schee!), Namedropping (“Mein 2. und 4. Ehemann, der bekannte Peter Pudel”) und der Zweitverwertung der Zweitkarrieren anderer Prominenter. Die Wänder ihres bezaubernden Homestoryheims sind geradezu tapeziert mit ganz entsetzliche Schmierereien** der “großen Künstlerin” Christine Neubauer. Sie parliert mit Frau Hertel, die gekommen ist, Trixies Comebackplatte mit einer Zusammenstellung der schönsten Weihnachtslieder zu bewerben, in diesem entsetzlich schmierigen Beckenbauerbayerisch, das keiner so gut kann wie Dittrich, doch als Grundton schwingen stets Zweifel, eigentlich sogar Verzweiflung mit. Kennt ihr Publikum sie noch? Will ihre Publikum sie noch? Ist sie ihm noch attraktiv genug? Da stutenbeißt sie in einigen ausgwählten Momenten gegen die halb so alte, aber genauso blonde, wenn auch weniger pfundige Hertel, wie es akkurater und präziser nicht geht. Wie Dittrich seine Figur sich danach wieder fangen läßt und ganz jovial liebenswürdig das Matronig-Mütterliche in ihr ausspielt, das ist ganz große Kunst.
Zwischengeschnitten sind Weihnachtsliedervideos im Stil der Siebziger mit Trixie im Vollplayback im Pelz im Schlitten, künstlichem Schneegeriesel in ansonsten kahlen Landschaften – ein ironischer Bruch am nächsten und alle wunderschön.
Anschauen! Anschauen! Anschauen! Ach, und weil Weihnachten ist: Anschauen!
* Wäre ein mindestens ebenso angebrachter Titel gewesen. Find’ ich.
** Den Schlußgag dazu verrate ich nicht. Schon allein dafür lohnt es sich, Trixie Wonderland anzuschauen.