Um die nachfolgende Geschichte zu verstehen, muß man wissen, dass an Sonn- und Feiertagen hier in der Wohnanstalt ein Waschverbot gilt. Das läßt den Vielundoftwäscherinnen zu Ostern nur den Samstag, um ihren Hang zur Reinlichkeit auszuleben und führt zu einem übervollen und noch strenger als sonst getakteten und überwachten Waschplan.
Ich war ja gerade nur unten, um zu sehen, welche freien Abende in der kommenden Woche noch zur Auswahl stehen und wurde dabei Zeugin folgenden Dialogs (weniger feine Menschen würden von Zänkerei sprechen).
Waschfrau A ist gerade dabei, ihre Wäsche aufzuhängen und dabei eine Unzahl von bereits vorhandenen Fremdwäscheklammern von der Leine zu entfernen und auf einem Häufchen zu sammeln.
Waschfrau B kommt dazu und ist empört! “Wäscheklammern auf der Leine bedeuten, dass diese Wäscheleinen reserviert sind. Sie müssen Ihre Sachen woanders aufhängen.”
Waschfrau A kümmert das nicht. Sie hängt stoisch weiter Wäsche auf und Klammern ab.
Waschfrau B stemmt die Hände in die Hüften und wird lauter: “Das macht man hier so! Das sind meine Leinen! Suchen Sie sich andere. Da, die dahinten zum Beispiel.”
Waschfrau A, irritiert, aber kampfbereit: “Warum? Warum ich? Hängen Sie Ihre Wäsche doch dahinten auf.”
Waschfrau B, Typ kleine Kampfhenne, gibt nicht auf: “SIE MÜSSEN WOANDERS HIN! DIESE LEINEN HABE ICH RESERVIERT!” und fängt an, rundherum anderer Leute trockene Wäsche herunterzureißen, damit die dumme Plunze A sieht, wieviel Platz überall sonst noch ist.
Waschfrau A ist fertig und geht.
Waschfrau B ist fassungslos und ich Depp habe den Moment verpaßt, wo ich mich stumm aus dem Staub hätte machen können und kriege die volle Suada ab: Sowas sei ihr ja noch nie passiert. Das sei doch wie Sodom und Gomorrha, das könne man doch nicht zulassen. Unerhört sei das! Frechheit! Mir wirds langsam zu laut, ich wollte mich doch nur in den Plan eintragen und zu meiner Unterhaltung nebenher ein bißchen Hennenkampf schauen. “Na warte, Baby”, denke ich mir “Jetzt schlägt die Klagemauer zurück”, und bemerke zum einen, dass dahinten wirklich noch genug Platz sei und zum anderen, dass ich von ihrer Methode genauso wenig halte wie von Handtüchern auf Liegestühlen (Merke: in einem Fall wie diesem ist Nachtreten reine Notwehr), was bei Waschfrau B, die sich inzwischen nur noch von Feinden umgeben wähnt, zu hysterischer Schnappatmung führt. Allerhöchste Zeit, zu gehen.
Was wetten wir, dass Waschfrau A ihre Wäsche morgen “dahinten” findet?
* Dieses Zitat verdanken wir Herrn Richard Wagner aus Leipzig, da, wo man die Regel mit dem “Infinitiv mit ‘zu'” nicht ganz so eng sieht.