Mein Papiertaschentuchhersteller versichert, seine Zellstoffprodukte seien nicht nur “niesfest” sondern sogar “durchschnupfsicher”. Da bin ich aber beruhigt.
Eingeladen
Seit ich in einem Öko-Unternehmen arbeite, häufen sich Einladungen zu Events, von denen ich noch nie zuvor gehört habe.
Die Ulmer Betontage im Mai habe ich zwar verpasst, aber ich hätte noch die Chance, mich hier

anzumelden… zefix, nein, da bin ich ja in Ferien.
Dann vielleicht irgendwas Schönes im letzten Quartal. Vielleicht in Fürth? Ich schau mal, was so auf den Tisch flattert.
Bürgerpflicht
Damit ich nicht am Ende wegen Urlaubs was verpasse, habe ich gleich heute meine Briefwahlunterlagen angefordert. Kann dauern, sagt man mir. Das Drucken der Wahlzettel habe sich verspätet. Ja dann schau ma moi…
Vorhin im Radio
Ich meine Waits knarzen und Cage krächzen zu hören, es ist aber Amigo the Devil, den ich bis dato nicht gekannt hatte.
Nicht mehr im Kino, aber zum Strömen: “Seneca: On the Creation of Earthquakes”
Viel besser geht es nicht. Ein ausgesprochen wunderschönes Schelmenstück. Hach!
John Malkovich muss beim Drehen einen Höllenspaß gehabt haben. Seine Figur des Seneca, der nach langem Exil von Agrippina (herrlich bitchy Mary-Louise Parker) als Tutor ihres Sohnes Nero (großartige Entdeckung Tom Xander), nach Rom zurückgeholt wird, scheitert in der fast zwei Stunden dauernden Produktion an seinem eigenen Anspruch an seine vermeintliche Größe. Herrlich. Aufstieg und Niedergang eines hyperintelligenten Opportunisten.
In einem Filmsetting, das genausogut eine Feld-Wald-Wiesen-Guckkastendrehbühne hätte sein können (großes Kompliment an Kostüm- und Setdesign!), muss er feststellen, dass er zwar Erziehungsversuche an dem kleinen grausamen Knaben Nero unternommen hat, der aber vollkommen unbeeinflusst davon ein großer grausamer Mann mit demselben Knabengemüt geworden ist. Der ihn, Seneca, zwar unermeßlich reich werden lassen hat, aber dennoch nichts mehr sein läßt, als den Spielball seiner, Neros, Launen. Das macht er ihm auch mehr als deutlich, als er seinem Philosophen und Lehrer die neuen Regeln “erklärt”, während er ihn im Schwitzkasten würgt.
Im Präsidentenpalast (Nero ist hier nicht Kaiser, sondern “The President”) ist Seneca inzwischen zur persona non grata geworden. Die zweite Hälfte des Films spielt daher im wesentlichen auf seinem von Geröllfeldern umgebenen Landgut, fast schon wieder einer Art Exil. Die Szene wird im Laufe der Zeit auf einen einzigen Raum verdichtet werden, sehr beklemmend.
Seneca bleibt nichts, als sich in vergangener Macht zu sonnen und zu reden, reden, reden und allen, Freunden, Wegbegleitern, der kindlichen Gattin (ganz groß Lilith Stangenberg), den Speichelleckern und seinem treu mitschreibenden Sekretär, damit gründlich auf die Nerven zu gehen. Merkt er aber nicht. Redet weiter und mehr. Inszeniert für seine Entourage ein selbstgeschriebenes Splatter-Theaterstück über Machtmißbrauch das – höhö – in Griechenland und nicht in Rom, nei-hein, spielt und, richtig, redet. Ohne Unterlass.
Das Stück im Stück und den grausamen Mord an zwei Sklavenbuben vermeintlich zu ihrer Unterhaltung und um das grausame Spiel zum grausamen Abschluss zu bringen (dem Vater werden die Leichen der eigenen Kinder zum Mahl gereicht, Titus Andronicus läßt grüßen) hat die Entourage, mit sehr schönen Szenen für die inzwischen wohl mindestens 80-jährige Geraldine Chaplin, noch halblaut meckernd hinter sich gebracht. Nun liegt man auf der Terasse des Landguts zu Tische, als ein reitender Bote (der archetypische GI, tolles Kostüm, toller Auftritt Andrew Koji) eintrifft. Nero, erfährt man, habe Seneca wegen Verschwörung zu Tode verurteilt und lasse ihm die Wahl, noch in dieser Nacht Selbstmord zu begehen oder am nächsten Morgen vom Boten grausam gemeuchelt zu werden.
Seneca redet. Auch für die Nachwelt, schwierige Begriffe buchstabiert er für den Sekretär. Aber nun hört wirklich keiner mehr zu. Die Gattin? Ja, die redet er noch nieder. Teilhaben soll sie an seinem Tod. Mit ihm in die Ewigkeit eingehen. Sie ist zu jung und zu unerfahren, seiner Rhetorik etwas entgegen zu setzen und stimmt zu. Fast alle anderen Gäste suchen und finden Ausreden, sich von dem todgeweihten Mann und seinem Unglück bringenden Schicksal Staubwolken hinter sich herziehend abzusetzen.
Die letzten verbliebenen Freunde schneiden Venen auf. Die Senecas, und in einem fortgesetzten Schnitt, die Paulinas. Seneca redet. Paulina blutet. Seneca schwafelt und blutet nicht. Paulinas weißes bodenlanges Gewand ist rot, sie steht in einer Blutpfütze. Seneca schwätzt. Weitere seiner Venen werden tief eingeschnitten. Nichts. Sie schließen sich wieder. Nicht so sein Mund. Paulina ist bleich und schwankt. Seneca dampfplaudert. Die letzten verbliebenen Freunde packen Paulina, vielleicht ist sie noch zu retten. Seneca bleibt mit dem Sekretär zurück. Und redet, redet, redet.
Seneca erwägt Gift. Natürlich verbal. Redet, redet, redet. Er habe ja immer ein Beutelchen getrockeneten Schierlings im Hause, so wie seinerzeit Sokrates selig. Ein angemessener Tod befindet er und läßt den Sekretär einen Trank brauen. Trinkt ihn und gerät in einen Laberflash. Ach ja, erinnert er sich dampfplaudernd, die Wirkung habe Schierling auf ihn ja immer. Ach. Was tun? Vielleicht, überlegt er laut, könne ihn der Sekretär im Bade ersäufen? Der sieht allerdings, dass der Bote vom Nachmittag wieder aufgetaucht ist und will nun auch nur noch weg.
Regisseur Robert Schwentke läßt John Malkovich nun endlich vollends von der Leine und wie der sich in der Würdelosigkeit und Feigheit des doch angeblich so großen Mannes suhlt ist eine wahre Augenweide. Herrlich.
Ich bin sicher, dass dieser Film nicht jedermanns Sache ist. (Generisches Maskulinum.) Eher schrägeren Gemütern lege ich ihn sehr ans Herz. Selten so gut und komisch und doch anspruchsvoll unterhalten gefühlt. Der kommt bei mir auf die Liste der gelegentlich wieder anzuschauenden Filme. Mehr kann ein Film gar nicht wollen.
Noch’n Gedicht
Man möchte es kaum glauben, aber der jüngst von seinem Gott final ausgezählte Boxer René Weller hat im Knast seine weiche Seite entdeckt und Gedichte geschrieben. Bände voll. Nachfolgend für die sehr schmerzbefreiten Angehörigen meiner Leserschaft einer seiner Ergüsse.
Wer eher zartbesaitet ist, darf nach der vierten Zeile aufhören, denn es wird schlimmer…
DAS GEFÄNGNIS
Von RENÉ WELLER
Nur Verbrecher sind im Gefängnis, sagen die Leute,
das ist falsch, das weiß ich heute.
Hier gibt es die schlimmsten Kreaturen,
doch auch viele Frohnaturen.
Fast alle Gefangenen sagen dir,
sch…, ich bin schuldlos hier.
75% sind Ausländer, da könnt ihr fluchen,
für die heißt deutscher Knast “Urlaub buchen”.
Einige ausgenommen
nur die, die aus dem Osten kommen.
In Kürze sehen sie aus ganz frisch,
logisch, dreimal am Tag steht Essen auf dem Tisch.
Beim Hofgang gehen sie Hand in Hand,
im Glauben, hier ist das Schlaraffenland.
Die verschiedensten Verbrechen wurden von den Häftlingen begangen, ohne
Ticket
im Bus, bei Diebstahl und Schwarzarbeit angefangen.
Über Betrug, Bandenbildung, der Handel mit Drogen,
selbst Erpresser und Mörder sind hier, ungelogen.
Gewohnheitsverbrecher, bei manchen läuft noch das Verfahren,
die sollte man immer hier aufbewahren.
Doch das sage ich nicht zum Schutz meiner Braut,
von diesen Ganoven werden wir beklaut.
Andere sind brav wie Lämmer,
haben gute Manieren, ja “Gentlemänner”.
Einige wurden vom Glück verlassen,
vom Leben gebeutelt, kaum zu fassen.
Sind dann auf dumme Gedanken gekommen,
und wurden freudig hier aufgenommen.
6,7 qm ist meine Zelle klein,
mein Bad zu Hause dürfte dreimal größer sein.
Eine Stunde am Tag dürfen wir aus derselben gehen,
nicht menschenwürdig, kaum zu verstehen.
Zweimal Hofgang ohne zu lachen,
darüber sollte der Direktor sich Gedanken machen.
Was ich denke, kommt mir leicht aus dem Mund,
so hält man in Deutschland keinen Hund.
Nie habe ich es vergessen, ich bin hier kein Gast,
man hält mich für einen Kriminellen und ich bin im Knast.
Die beste Schule ist die des Lebens,
also ist die Zeit hier auch nicht vergebens.
Eiscreme mit Sahne, eine kalte Cola, ganz banale Dinge,
werden wertvoller als goldene Ringe.
Spätestens jetzt wird dir klar,
wie schön doch die Freiheit war.
Die Beamten sind fast alle nett,
das Essen leider viel zu fett.
Wenn die Sonne scheint, kann man in der Zelle sonnen,
doch das ist kein Grund zum Wiederkommen.
Meine Tochter schrieb mir “Hallo Papi!
Bist du jetzt ein Knacki?
Es macht mir keine Freude,
doch das sagen von dir andere Leute”.
Für jeden ist nun unumstritten,
seine Familie hat noch mehr gelitten.
Am Ende möchte ich so verbleiben,
für mich wird dieses Erlebnis einmalig bleiben.
Poesie
Man kann zu Gottfried Benn stehen, wie man mag, aber ich kriege seit gestern dieses Gedicht nicht mehr aus dem Kopf:
Tag, der den Sommer endet
Tag, der den Sommer endet,
Herz, dem das Zeichen fiel.
Die Flammen sind versendet,
die Fluten und das Spiel.
Die Bilder werden blasser,
entrücken sich der Zeit,
Wohl spiegelt sie noch ein Wasser,
doch auch dies Wasser ist weit.
Du hast eine Schlacht erfahren,
trägst noch ihr Stürmen, ihr Fliehn,
indessen die Schwärme, die Scharen,
die Heere weiterziehn.
Rosen und Waffenspanner,
Pfeile und Flammen weit –:
die Zeichen sinken, die Banner –:
Unwiederbringlichkeit.
Leibesübung
Also sprach der Vorsitzende neulich im Meeting: “Wer meine ausgestreckte Hand nicht ergreift, hat sich ins Knie gefickt.”
Könnte ich bitte eine Skizze haben?
Inspiriert

Nix da, mit sieben Worten ist alles gesagt – da steckt doch eine wenigstens zehnbändige Krapfenkönigfortsetzungsreihe drin:
- Der kleine Backprinz
- Semmelprinzchens erster Schultag
- Brezenprinzens Flegeljahre
- Inkognito in Italien: El principe de Giabatta
- Königliche Brotzeit-Wedding
- Der Krapfenkönig ist tot – Es lebe der Krapfenkönig
- Es ist ein Kiachl!
- Skandal im Königshaus – die “Auszogene”
- Der Brotkorb ist voll – wieder Zuwachs in der Royal Family
- Le roi est mort – An wen geht die Bäckerkrone?
…und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Fehlzündungen
Endlich gefunden: “Das Wahre vom Ei”.