Scho schee

Neulich hat eine meiner Leserinnen Lebenszeit an ein von mir böse verissenes Buch vergeudet und mir dann geschrieben: “Lektion des Tages: bevor ich ein Buch lese oder höre, sollte ich immer zuerst nachlesen, ob es flockblog-approved ist.”

Da habe ich mich schon sehr arg freuen mĂĽssen.

Gelesen: Emily St. John Mandel – “Station Eleven”

FĂĽr eine alte Dystopie-Expertin wie mich kein wirklich neuer Plot: Pandemie, hochansteckendes Virus mit Erkältungssymptomen, ĂĽbertragbar ĂĽber Luft, Flächen, alles, Inkubationszeit wenige Stunden, dann Krankheitsverlauf ca. 24 Stunden, Mortalitätsrate 100% – innerhalb weniger Tage sind 99% der Menschheit tot und die Welt, wie wir sie kennen, existiert nicht mehr. Trotzdem auch fĂĽr eine Dystopie-Veteranin hölleninteressant und blendend geschrieben. (Man kann ja nicht immer TrĂĽffelschwein sein, “Station Eleven” wurde bereits 2014 veröffentlicht und ist schon verfilmt. MItten in der letzten realen Covid-19-Pandemie ĂĽbrigens. Dazu mehr, wenn ich mich durchgesehen haben werde.)

Was macht das Buch nun reizvoll? Zum einen ist St. John Mandel eine gute Geschichtenerzählerin. Sie neigt dazu, in ihrem Plot kleine Hinweise zu geben, die sie dann später aufgreift – das macht das Lesen freudvoll und spannend. Ihre Figuren sind glaubhaft und, weil ihr Leben ein anderes geworden ist, sind die Entwicklungen, die sie fĂĽr sie schreibt, genau wie dieses neue Leben sehr ĂĽberraschend.

Weil ich mich ja oft frage, wozu das, was ich kann, in einer solchen Situtation nutzbringend sein könnte, habe ich mich ganz besonders an der Erfindung der “Travelling Symphony” gefreut, einer reisenden Theater- und Orchestertruppe, dem “Caravan”, die die neuen Siedlungen mit Shakespeare-AuffĂĽhrungen und Konzerten von der neuweltlichen MĂĽhsal ablenkt. Faszinierend, was der von Seuchen und anderen Unbillen geplagte Vielschreiberbarde viele hundert Jahre später den Bewohnern einer anderen Welt noch zu sagen hat. Und zwar allen, denen, die die Wunder erdumspannender Kommunikation, Maschinen mit FlĂĽgeln und Rädern, Fortbewegung, ohne die eigenen Beine benutzen zu mĂĽssen, noch erlebt haben und den Nachgeborenen, fĂĽr die diese Zeiten wie Märchen klingen.

Doch, das hat sie gut gemacht. Lesen! Lesen! Lesen!

“Sea of Tranquility”, das Nachfolgewerk, liegt schon auf dem Nachttisch. Werde demnächst erzählen können, ob sie ein “Mehr-Hit-Wunder” ist.