Kathy ist eine Gottesgabe. Wäre es nicht Gottes Plan gewesen, Kathy zur Krönung seiner Schöpfung zu machen, dann hätte er sie wohl nicht mit so einem hübsche Antlitz, der blonden Mähne und der Traumfigur geschaffen (Zitat Kathy „my spectacular looks“). Er hätte es sich dann, weiß Gott (hihi), auch sparen können, begabten Menschen die Ideen für die Erfindung von Make-up, Wasserstoffperoxid und Balkonet-BHs* einzugeben. Hat er aber, und Kathy folgerichtig ihr Leben der Aufgabe gewidmet, der Welt Gottes gelungenstes Werk vorzuführen und als Schauspielerin die Menschheit mit verzückten Darstellungen angesichts von Frühstücksflocken, Slipeinlagen und Anti-Verstopfungspillen zu beglücken.
Inzwischen hadert sie mit ihrem Gott – der hat es nämlich verbaselt, sie mit ewiger Jugend und Gesundheit zu bedenken. Nun plagt das eine oder andere Zipperlein und sie ist darüber versehentlich fast siebzig geworden. Nicht, daß das ihrer Schönheit Abbruch getan hätte, dafür hatte ihr guter Gott vorgesorgt, siehe oben. Sie ist immer noch wunderbar weizenblond, trägt wasserfeste Schminke und ihr Badeanzugdekolletée unterscheidet sich massiv** von den langweiligen praktischen Sportmodellen der anderen Dicken Damen. Es dauert immer eine Weile, bis sie am Beckenrand, da wo die Instruktorin gerne stünde, um mit der Stunde anzufangen, ihr Haar in ein Tuch hüllt, wie’s Grace Kelly nicht schöner hätte tun können und dann Tanning Spray aufträgt. Erst auf die Arme, dann auf die Beine, für die Füßchen muß sie sich hinsetzen, das hat Gott verbockt. Für ihren Ausschnitt nimmt sie sich noch einmal extra Zeit, schließlich könnte irgendwer in der Appartmentanlage vom Balkon aus zusehen, und wer möchte ihm das verwehren? Sie nicht. Ganz bestimmt nicht! Dabei quasselt sie ununterbrochen. Zum Beispiel von ihren Ferien, letzte Woche, in Miami. Da war sie im Ritz Carlton, in Miami. Und dort sei ein Traum in Erfüllung gegangen, denn das Hotel, in Miami, beschäftigt einen Beach Tanning Butler. Das ist ein junger Mann, der den ganzen Tag nichts anderes tut als Bräunungswillige am Strand, in Miami, mit Sonnenmilch einzureiben und sie gelegentlich zum Wenden aufzufordern.*** So ein reizender junger Mann! Außerdem habe er ihr was ganz Tolles empfohlen. Es gebe, selbst im wenig glamourösen San Francisco, Sonnenstudios, die „Diamond Dust Spray Tan“ anböten. Dabei werde eine Bräunungslotion mit Diamantenstaub aufgeprüht und wenn die abtrocknet, dann bliebe nur noch „sparkle and glow“ auf der Haut. Für knapp $320 sähe man lässig 20 Jahre jünger aus, das werde sie sich jetzt immer mal gönnen. (Beiseite: Wäre alles nicht nötig, wenn dieser Dummgott das mit der ewigen Jugend nicht verpennt hätte.)
Wir anderen haben im nicht beheizten Pool bei einer leichten Brise inzwischen mit intensiven Aufwärmübungen angefangen, deren Hauptbestandteil sehr heftiges Augenrollen ist. Dann läßt sich auch Kathy unter vielen Brrrrhhhs und Schlotters endlich zu Wasser und wir können ernsthaft mit der Wassergymnastik loslegen. Sommer, beschwert sie sich beim Recken und Strecken, sei das ja hier nicht. Nicht, wenn man das mit Miami vergleiche. Wir lassen sie einfach mosern, turnen uns eins und Jan und ich gehen anschließend für zwei ausgedehnte Bubbelrunden in den Hottub. Das mag Kathy nicht. Könnte ja farblösend wirken.
* Balkonet-BHs haben eine ähnliche Funktion wie manche Dirndl-Blusen und weisen unterernährten Säuglingen den Weg zur Milchbar.
** „Massiv“ so wie in Bergmassiv.
*** „The Ritz Carlton’s tanning butler wears a custom-made holster filled with sunscreens of varying SPFs. Not only is the lotion free, but he also offers to apply it to hard-to-reach back, shoulder and neck areas that easily burn. His holster also contains a cool water mister and sunglass cleaner for the ultimate in multi-tasking service.”