Es gibt bestimmt viele Wege, sich so recht dinosauresk zu fühlen. Ein Besuch im Computer History Museum in Mountain View ist auf jeden Fall einer der erfolgsversprechendsten (besonders in Begleitung zweier knapp 30jähriger Software Engineers). Wir hatten’s ja schon lange auf der to do-Liste und fürs Wochenende war – schon wieder (s. Freitagsblogpost) – Regen vorhergesagt. Passt! Gemma Computer schaugn. (Was uns deutlich als Nicht-Amerikaner auszeichnet; Amis gehen am liebsten ins Kino oder ins Museum, wenn die Sonne scheint und drinnen auf ungemütliche 16°C runtergekühlt wird. Wenn es heiß ist, ist es ihnen nämlich auch wieder nicht recht.)
Dass ein computerhistorisches Museum anders ist als andere Museen, war vorauszusehen. Viele Nerds, und wegen mangelnder Quotenregelung ein geringer Frauenanteil. (Die wenigen anwesenden Frauen waren entweder Nerdmütter oder sehr jung und mit der Pflege von Nerdbrut befasst.) Ich war schon begeistert, als ich den Kartenverkäufer erblickte. Ein Archetyp, gut gerundet dank seiner langjährigen Pizza-Cola-Burger-Diät, lange rote Haare und zipfeliger Rauschebart – er sah er aus wie sein eigener WoW-Avatar. Was wir denn gerne hätten? Normal? (General Admission für $15), XL (Super Geek Package – Collectible Silver Pin, T-Shirt) für $25 oder doch XXL (Total Geek Experience – Collectible Gold Pin, T-Shirt, Revolution Memento) für $40? Nur normal? Aber eigentlich wurscht, er war “excited”, weil gleich eine Vorführung der Babbage Engine stattfinden sollte. Das Museum verfügt über einen Nachbau der ersten vollautomatischen und ausschließlich aus Metallteilen bestehenden Kalkulationsmaschine (von Charles Babbage, einem Zeitgenossen der Herren Darwin und Dicken – “all them Charles” – in akribischen Konstruktionszeichnungen entwickelt, aber erst 130 Jahre später zum ersten Mal gebaut. Sehr faszinierend und überraschend schön. http://www.computerhistory.org/babbage/engines/. Dabei wurde “Form follows Function” doch erst im 20. Jahrhundert postuliert.)
Wir haben davon Abstand genommen, uns der Museumsführung des Babbage-Engine-Volunteer anzuschließen, er war doch recht episch und hat so gut wie jedes der 8000 Teile mit Vor- und Zunamen vorgestellt. Erst mal zu den Abaken (oder Abaküssen? – nach Wahrig und Duden lautet der Plural unverändert Abakus, das finde ich aber langweilig) und Zählknotenschnüren, flott das Mittelalter gesteift bis es um 1800 mit den Maschinen losging. Und weiterging. Christoph und Toni waren auch excited – schon wieder ein Maschine! Mit Hebeln, Zahnrädern, Kurbeln. Mit Relais. Mit blinkenden Knöpfen. Vollkommen ohne LED. Der Teil über Alan Turing, Ada Lovelace, Blechtley Park (meine erste Enigma aus der Nähe!) und Kryptographie – sehr spannend. Dann wieder Maschinen. Sehr groß, zunehmend kleiner. Irgendwann gar nicht mehr historisch, sondern selbst erlebt.
Das war dann schon irgendwie komisch. Für die Jungs war das “History”. Ich hingegen habe mit Olivettis gearbeitet, die die ersten drei (!) Zeilen des eingetippten Texts in einem Display speicherten, so dass man gegebenenfalls ohne Tipp-Ex oder Korrekturtaste Verbesserungen vornehmen konnte. Meine Magisterarbeit habe ich abends nach Praxisschluss bei einem befreundeten Arzt auf dessen Computer geschrieben und auf einer 3.5″ Floppy Disk für die Ewigkeit gespeichert. (Was man halt so Ewigkeit nennt.) Fast 5.000 D-Mark habe ich für meinen ersten eigenen Rechner ausgegeben. Einen Pentium Pro mit Tower und zwei (2!) Diskettenlaufwerken sowie einem unglaublich schweren Monitor, der frei stehen mußte, weil er sonst heißlief. Danach konnte nach Expertenmeinung erst mal lange nichts besseres mehr kommen (was man halt so lange nennt, das Ding konnte weniger als ein Feld-Wald-Wiesen-Handy heute). Und dann in 2009: DSL – Wartezeit mindestens 2 -3 Monate. Wir waren einer der ersten Haushalte in München mit 2 Telefonleitungen, eine für Daten, eine fürs Schwätzen. (Für die Nostalgiker unter uns: http://bit.ly/cXXtb0 – ich empfehle auch die Kommentarsektion.) Das ist alles mal gut 10 Jahre her und so dermaßen Steinzeit! Man kann sich fast glücklich preisen, dass man wenigstens die Lochkarten nicht mehr selbst erlebt hat. Der Kassengnom kam vorbei, und machte jeden immer noch anwesenden Gast persönlich darauf aufmerksam, dass das Museum in 20 Minuten schließe. Viereinhalb Stunden und noch lange nicht alles gesehen – da müssen wir wohl nochmal hin. Mir ist allerdings, als hätte ich an diesem Tag schon was anderes vor. No Offense.
Daheim habe ich ein Kilo Schnitzel gebraten, die wir ohne weitere Beilagen (von Pommes und Ketchup abgesehen, was hierzulande als zwei Gemüse zählt) fast vollständig verputzt haben und später ist José Cuervo – http://bit.ly/mH6l3l – noch dazugestoßen. Der Rest ist ein wenig verschwommen und es war sehr schnell und viel zu früh Montagmorgen.