Gelesen: T. C. Boyle – “Good Home”

Noch habe ich Lust auf immer noch mehr Boyle Short Stories und mich gleich in den nächsten Band gestürzt. Vor lauter Begeisterung und vom Titel irregeführt erst beim genaueren Hinschauen gemerkt (“Spiegel Bestseller Autor”), dass es sich um von Anette Grube und Dirk van Gunsteren besorgte Übersetzungen handelt, erschienen bei DTV.

Hmmm.

Die Qualität der Geschichten ist und bleibt unbestritten. Boyle ist großartig. Ich mochte sie in den übersetzten Fassungen bloß nicht so gern lesen. Vor allem nicht, wenn ich bei manchen Sätzen genau weiß, was im amerikanischen Original steht und die deutsche Version schief klingt. Nachfolgend eine kleine Auswahl an Beispielen:

  • “Hunter war bitter.” Wäre Hunter Schokolade, hätte ich keine Einwände. Da er aber ein Mensch sein soll, müßte es auf Deutsch “verbittert” heißen oder im Kontext der Geschichte “sauer”.
  • “… dann waren sie wieder im Studio und alle wechselten schmutzige Blicke.” Nein! Nein! Noch mal nein! Die “Dirty Looks”, wie sie im Original heißen dürften, stehen im Deutschen für “feindselige oder missbilligende Blicke”. Schmutzig sind sie bestimmt nicht.
  • “In ihrem Rücken das harte Tock des schweren Gummiballs…”. Auch diese Formulierung ist mit Sicherheit wörtlich übertragen (“in her back”) – im Deutschen würde man aber simpel sagen: “Hinter ihr”.
  • “Er erwärmte Tiefkühlteigtaschen.” Die hier wohl gemeinte Nahrungsmittelobszönität heißt in Amerika “Pop-Tarts”. Knäckebrotgroße Teigtaschen zum Toasten mit pappsüßen knatschbunten Füllungen (so wie die McDonalds Apfeltaschen). Ich denke, ich hätt eher den Markennamen verwendet.

Nicht schlimm, ich weiß, und man verstehe mich nicht miß: Die Übersetzungen sind im Großen und Ganzen gut gelungen und wer der Originalsprache nicht mächtig ist, kommt auf diesem Weg in den Genuß der Boyle’schen Welten. Gut so. Bei mir hingegen war die Lesefreude stark beeinträchtigt, weil mein Unterbewußtsein ständig auf der Jagd nach dem nächsten Lapsus war. (Man denke: tropfender Wasserhahn, notdürftig abgedichtet.)

Die nächsten 1000 Seiten dann doch wieder Englisch.

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *

11 − nine =