Gelesen: Robert Hültner – “Der Sommer der Gaukler”

Ähnlich wie sein Kollege Kehlmann nimmt sich auch Hültner gerne die künstlerische Freiheit, historische Ereignisse und Persönlichkeiten in ein Romangeschehen zu verweben. Und so kommt es in diesem Gauklersommer im Jahr 1780, in dem die Schikanederische Schau- und Operngesellschaft, eine Wandertheatertruppe, deren Prinzipal nicht nur selbst und viel schreibt, sondern darüber hinaus auch Werke Goethes, Lessings und Shakespeares zur Aufführung bringt, zu einem unfreiwilligen Aufenthalt in einem Bergdorf nicht weit von Salzburg gezwungen ist, zu allerlei Vorkommnissen.

Hültner taucht tief ein in die Lebenswirklichkeiten einer Ständegesellschaft, deren Ende sich schon abzeichnet (es wird nur noch ein paar wenige Jahre dauern, bis die Bastille gestürmt werden wird), läßt Schikaneder auf Mozart treffen (der Beginn einer wunderbaren Freundschaft), macht noch schnell einen Abstecher zu Illuminati und Freimaurern und ergeht sich in ausführlichen Naturbeschreibungen.

Vor allem aber ist das Buch eine Liebeserklärung an das Theater. An die Macht des gespielten Wortes, an das, was Schiller in seinem Aufsatz “Die Schaubühne als moralische Anstalt” postuliert: das Theater als Instrument, die Ideale der Aufklärung im wahrsten Sinne des Wortes unters Volk zu bringen.

Das Büchlein liest sich leicht und vergnüglich und hinterher ist man klüger als vorher.

Lesen!

Nachtrag: Für mich war die Lektüre ein Ausflug in die Vergangenheit. Vor vielen vielen Jahren habe ich als Studentin der Theaterwissenschaften eine – selbstverständlich bahnbrechende – Seminararbeit zum Thema der frühen Shakespeare-Rezeption in Deutschland verfasst. Damals, als “Hamlet” zu “Der bestrafte Brudermord” wurde und sich Wandertheatertruppen (auch die Schikaneders) schon mal die Freiheit nahmen, “Romeo und Julia” mit einem Happy End zu spielen. Ist ja auch netter.

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