Gestern Abend im Gärtnerplatztheater: “Oh Oh Amelio”

Ja. Ich. In einer Operette. Also Musiktheater, wo wir doch so ein schwieriges Verhältnis miteinander haben. Aber, der Herr Pigor hat geschrieben und die Frau Rothmüller hat inszeniert und außerdem hatte der Herr E. grade so geschickt Geburtstag, dass im Frühling schon die Karten für eine Juliaufführung geschenkt werden konnten. Es gab also keinen Grund, es nicht wieder einmal zu probieren.

Wir saßen quasi vor der ersten Reihe, an einem Tischchen mit Pikkolöchen und Nüßchen (ja, nun ist wieder genug Diminutiv, aber die mussten sein) und wurden informiert, dass man nun “Unterhaltung und sonst nix” zeigen werde. Dies von einem Neun-Personen-Ensemble, das ganz wunderbar großartig singen und tanzen kann, aber außerdem auch spielen, eine Neigung zum Unsinn sowie zur Selbstironie hat und ein Gedächtnis für Choreographien. Die Kritik wurde von den Autoren des Programmheftes weiß auf pink bereits vorfurmuliert – det Janze ist eine “Frivole Fummel Farce”.

Wie in der als Inspiration (und Vorlage) dienenden Boulevard-Komödie von Feydeau spielt man nun Bäumchen-wechsle-dich, klingeln immer zur unpassendsten Zeit die unpassendsten Protagonisten, ist nichts, was es zu sein scheint. Schon gar nicht die Tanzschlampe Amelio/Amelia (von Tschüssikowski, soviel Schlimmkalauername muss sein), herrlich besetzt mit Christian Schleinzer, die/der es mit der Treue zum Liebsten Etienne (Armin Kahl) nicht so ganz genau hält. Weil er aber auch so labil ist. Julia Sturzlbaums Marika ist eine helle Sing- und Tanzfreude und eine liebreizende und sehr unfreiwillige Braut (sie kommt aus der Nummer aber wieder raus), ihre Tante aus Dingsbums hätte mit niemandem besser besetzt sein können als mit Dagmar Hellberg. Hut ab, vor dem Klingelton und der Handtaschenschwenknummer im ganz besonderen.

Thomas “Mrs. Doubtfire” Pigor als Schwulenmama aus Nordbayern (“kannst ruhig Franken sagen, Mama. Das sind Münchner, die kennen das.”) hat erkennbar Spaß an seiner Figur und spricht solchermaßen fließend breitestes Fränkisch, das man meinen könnte, er käme daher. (Tut er.) Außerdem a sehr schöne Leich. Den Dadort hätte ich gerne gesehen. Alexander “Das Krokodil” Franzen und Frances Lucey spielen die Bösen, einen Besetzungscouch-Filmproduzenten und seine ihm Frischfleisch zuführende Assistentin. Das machen sie sehr sehr schön. Last but not least, in einigen kleinen Rollen und dann als Oberhaupt einer orthodoxen Kirchengemeinde (da ist es dann mit den Kostümbildnern vollends durchgegangen), weil ja wegen des Erbes eine Hochzeit vorgetäuscht werden muss (nicht fragen, ist Boulevard), Peter Neustifter – mit einer Wahnsinnsstimme.

Und so singen und springen und tanzen sie und Pigor findet ganz zauberhafte Reime auf Begriffe, die bis dato nicht direkt poesieverdächtig sind (pars pro toto sei die “Privatinsolvenz” genannt) und das Verwirrspiel nimmt seinen Lauf und irgendwann ist alles aufgeklärt und das Stück ist aus.

Wer mitgezählt hat, dem müßte aufgefallen sein, dass noch eine fehlt. Laura Schneiderhan, als Marikas Mitbewohner- und trinkerin. Die habe ich mir Leckerbissen bis zum Schluß aufgehoben. Eine Woche vor der Premiere eingesprungen und gar so herzig in ihrer Schussligkeit. Jetzt noch das tolle Orchester loben und dann habe ich alle.

Das Stück? Eine “Frivole Fummel Farce”, Unterhaltung und sonst nix. Sie haben sich einfach einen Jux gemacht – das Publikum fands super und war mit Begeisterung und anhaltendem Schlussapplaus dabei.

Ich werde trotzdem kein Fan von Musiktheater mehr… It’s me. Not you!

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