Es ist der Feierabend vor dem Feiertag und einem potentiell sehr langen Wochenende, der Google Mops zeigt rund um München nur Strecken in tiefdunkelstrot bis fastbraun – das wird ein Spaß werden, bis ich endlich bei den Freunden auf dem Land eintreffen werde. “Kein Problem”, sagt der Mops und verlangt wie weiland Ka, “Vertraue mir”. Mach ich, schießlich kriegt er seine Weisungen von ganz oben. Los geht’s.
Erst mal bedaure ich die Einwohner Freimanns, deren Straßen als Zubringer von der einen zur anderen Autobahn mißbraucht werden. Dass der Mops mich bei seiner Anweiserei die ganze Zeit duzt, mag ich eigentlich nicht – und kaum habe ich das gedacht, wechselt er zum “Sie”. Er habe nämlich eine Möglichkeit gefunden, Zeit zu sparen. Ganze fünf Minuten. Time is money, offensichtlich ein ernstes Thema. “Wollen Sie die Strecke ändern?” Und dafür ein noch nicht mal fingerspitzengroßes Feldchen unten auf dem Handy in seiner Halterung am Armaturenbrett drücken? Och nö, lass mal. Er ist, das muss man ihm lassen, kein Rechthaber und wir sind wieder Freunde. “Du befindest dich weiterhin auf der schnellsten Route.” Warum dann was ändern, du Depp? Ich weiß schon, es ist Schwachsinn, Gegenstände zu anthropomorphisieren, aber bei einem Navi fällt mir das echt schwer.
Ich habe Glück, denn statt Greislichgrau und Regen strahlt vom sommerblauen wolkenlosen Himmel die Sonne und kaum haben wir die städtische Umgebung verlassen, leuchtet der Raps, es tiriliert und alles um mich herum blüht, sprießt, wächst, gedeiht und multipliziert sich. Wohltuend. So gondeln wir zum Soundtrack von Robbie Robertson durch die Gegend und die erwartete Ankunftszeit rückt näher und näher. Geht doch. Und jetzt runter von der Autobahn.
Wie ich sehe, haben in den Dörfern die Altbauern aufgerüstet und rollern ihre Bäuche auf E-Bikes gemütlich durch die sanft-wellige Landschaft. Traktoren tuckern wieder in ihrem natürlichen Lebensraum und nicht auf der Leopoldstraße und Bauern tun, was Bauern tun müssen und odeln die Gülle-Tanks der Viehzüchter der Umgebung wieder leer, in den Vorgärten wuchert es. Nur der Flieder ist allerorten schon braun verblüht, ist scheint’s auch kein Fan von Wechselbädern.
Angekommen, werde ich gespeist und getränkt – danke meinen lieben Gastgebern – und wir genießen, begleitet von Vogelgezwitscher, Häckslergekreisch, Einflugschneisenfluglärm, Mähmaschinengeheul und Rund-um-die-Uhr-Kirchenglocken noch lange draußen sitzend den ländlichen Abendfrieden. Erst lang nach Einbruch der Dunkelheit holt sich die erste Frostbeule (ja, ich, warum?) ein Strickjackerl. Sehr schön. Bisserl laut halt, das Landleben.
Von der Heimfahrt darf ich berichten, dass die röhrende Boliden mit den dreibuchstabigen Kennzeichen inzwischen fast so selten geworden sind wie totes Fliegengetier auf der Windschutzscheibe. Ob es da einen Zusammenhang gibt?
So, Feiertag vorbei und noch zwei Brückentage bis zum Wochenende. Es geht mir gut.