Gelesen: Emi Yagi – “Frau Shibatas geniale Idee”

Frau Shibatas Kollegen sehen in ihr hauptsächlich ein Dienstmädchen, das Kaffee kocht, serviert und den Schmodder nach dem Meeting wieder aufräumt, Milch und Büromaterial besorgt, Papierstaus beseitigt und sich auch sonst, am besten ohne Aufforderung, aber wenn’s nicht schnell genug geht, auch recht rüde mit, aller kleinen Mickligkeiten des Büroalltages annimmt, mit denen Männer nicht behelligt werden können. Wirklich nicht.

Bis sie ihre eigentliche Arbeit dann auch noch erledigt hat, ist es jeden Tag spät und nicht mehr viel Zeit zum Leben.

Irgendwann hat Frau Shibata keinen Bock mehr. Sie besinnt sich auf die Waffen einer Frau. Und ernennt sich zur Schwangeren. Nunmehr schutzbedürftig. Und so ziemlich das Gegenteil des unterwürfigen Wesens von vorher.

In einer leichtfüßigen Fingerübung* läßt Yagi ihre Heldin mit zunehmend dickeren Bauchspolstern, “Maternitybics” (Aerobic für werdende Mütter), Umstandsmode, Spei- und Freßattacken, Ultraschalluntersuchungen, Schwangerschafts-Apps, Auswahl eines Vornamens und und und… in Gesellschaft anderer an der japanischen Gesellschaft leidender Frauen (ungewollt Kinderlose, Mütter, solche, die es demnächst werden – und alle mit faulen Macho-Paschas an ihrer Seite geschlagen) eine ganze ganz wunderbar erfundene Schwangerschaft durchleben. Wie sie diese Chuzpe-Nummer auflöst, verrate ich nicht. Ist aber ganz klasse!

Es ist nicht der große “feministische Text”, den der Klappentext verheißt, läßt sich aber lässig an einem halben Nachmittag wegatmen und stimmt heiter.

Bei der Übersetzung ist nicht alles gut geraten. Zum Beispiel: “Zwei Mädchen im selben Sportanzug”. Wobei, sehen würde ich das schon mal wollen. Ob es sich wohl um siamesische Zwillinge handelt? Oder auch: “Der ansteigende Weg mündete in einem makellos blauen Himmel, vor dem sich dicht die Kirschblüten drängten.” Nichtsdestotrotz lernt man viel über Japan. Außerdem, dass Frechheit siegt.

Man muss das nicht lesen. Aber man kann. Durchaus.

Dank fürs Entleihen geht an Frau S. aus D.

* Geraten hier die Metaphern durcheinander? Wahrscheinlich. Ich bin aber gnädig, habs ja selbst geschrieben.

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