Derniere im Theater (Alte Madlschule, Bad Tölz): Der Zweite Ludwig – Wo der Wittelsbach rauscht

Ich mag Dernieren. Erstens habe ich die Vorstellung mindestens schon einmal vorher gesehen (s. https://flockblog.de/?p=46505) und kann mich an dem freuen, was mir bisher entgangen war (und an dem, was ich schon vorher sehr gemocht habe). Zweitens haben die Schauspieler*innen sich dann freigespielt und nicht mehr den Druck der nächsten Vorstellung im Kreuz. Das spürt man. Und wenns drittens dann auch noch so läuft wie in gestern, dass diese Zusatzvorstellung quasi genauso schnell ausverkauft ist wie ein Rammstein-Konzert und ich die allerletzte Karte bekommen habe – umso besser.

Bei der Ankunft am Tölzer Schloßplatz (Danke, Navi. Gut gemacht.) brummt mir unter dem Nachdemregenistvordemregenwolkenhimmel eine einsame Tuba eine seltsam vertraute Weise ins Ohr und während ich die vielen Trepperlen zum Theater hinabsteige und die anderen Bläser nach und nach einfallen, summe ich sie mit. “Stand by me”. Hmmm, klingt genau richtig. So, als wäre es ursprünglich für eine Blaskapelle komponiert worden.

Im Theater angekommen stelle ich fest, der Zuschauerraum ist schon fast voll und es sind alle da: der Stallmeister des Königs, mit einem Bart wie ein Prinzregent, der Flößer des Königs in der Krachledernen, dem Trachtenhemd sowie Pratzn wia Abortdeckel, und da schau, selbst der Rabbiner des Königs gibt sich die Ehre.

Eine schöne Vorstellung spielen sie wieder. Multiple-Hachs an alle! Ich darf schon weitertratschen, dass, wer den Ludwig dieses Jahr verpaßt hat, nicht traurig sein muß. Er wird wohl nächstes Jahr wieder gespielt. (Habe das aus saugut unterrichteter Quelle, namentlich versprengten Ensemble-Migliedern sowie Autor und Regisseurin). Na prima, dann bitte ich, mir für die Wiederaufnahmepremiere eine Karte zu reservieren. Ich mag nämlich auch Premieren.  

Ein bißchen hänge ich noch mit der Crew in der herrlich entspannten Post-Dernieren-Stimmung ab, aber dann muss ich los. Es hat ordentlich geschüttet, das mag ich bei Nachtfahrten gar nicht, schon gar nicht, wenn es eine ist wie der Heimweg von Tölz. Der nämlich führt über eine jener Rennstrecken um das schönste Marterl, die ich mir mit der offensichtlich luchsäugigen Landjugend teile. Mit welchen Mengen an Karotten müssen die von kleinauf gefüttert worden sein, um erkennen zu können, dass hier in der engen Kurve, in der sie gerade Fontänen spritzend an mir vorbeizischen, keiner entgegenkommt?

Irgendwo aus den Nebelschwaden (warmer Asphalt, kalter Regen und nein, du Autokorrekturdepp: ich meine nicht “Nebelscheinwerfer”, zefix) taucht endlich der erste Wegweiser zur Autobahn auf. Das macht mich sehr froh und erst recht, dass ich für die andere Hälfte meines Heimwegs auf einer geraden gut markierten trockenen Autobahn auf die Lichtverschmutzungskuppel meiner Großstadt zubrause. Landleben wird in diesem Leben nimmer mehr meins.

@Theatergruppe LUST: wollt ihr das nächste Mal nicht gleich in U-Bahn-Nähe auftreten?

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