Am Samstagabend im Stadtpark zu Burghausen – “Der Prozess – Betreute Erlebnisführung für Delinquenten”

Hmmmmm. Laut Programmheft ist folgendes zu erwarten: “Wenn die Sonne über dem Park untergegangen ist, beginnt das Spiel. Treten Sie ein in Franz Kafkas unvollendeten Roman und stellen Sie sich Ihrem Prozeß. Werden Sie selbst zu Josef K. und treffen Sie Ihre Wahl: für den Kampf um die Freiheit oder die Flucht in den Traum. Beginnen Sie eine Reise zu den Gespenstern Ihres Unterbewußtseins.”

Ja. Naaah! Da haben sie sich ein bißchen verhoben, die Menschen vom Theater-für-die-Jugend in Burghausen mit ihrer kafkaesken “Nachtwanderung”. Die Idee an sich ist nicht uninteressant: Das Publikum sitzt nicht stationär vor einem Guckkasten, sondern wandert durch den nächtlichen Stadtpark zu den sechs Stationen, in denen einzelne Szenen aus dem Buch vorgespielt werden und zieht anschließend weiter zur nächsten. Ja. Schon. Weil aber die Veranstalter von Gier getrieben waren, bestanden die Zuschauergruppen nicht pandemietauglich aus “höchstens 20 Personen”, sondern aus vielen mehr. Bei uns waren es 35, die obere Gesichtshälfte mit Kafka-Halb- die untere mit buntgemusterten Alltagsmasken bedeckt. Absurd? Ja. Kafkaesk? Weiß ich nicht, ich bin dem Troß mit dauerbeschlagener Brille hinterhergehetzt. Erschwerend kam hinzu, dass die Schauspieler*innen so dermaßen unterschiedlich stark waren, dass häufig die Stimmen kaum trugen und die sonstige Akustik in den Massen verloren ging.

Mir haben die Darsteller so recht von Herzen Leid getan, die alleine an diesem Abend ihre immer gleichen Nummern in Abständen von 20 Minuten 10 Mal abnudeln mußten.

Gut gemeint. Nicht gut gemacht.

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