Nachtverkürzer

Seit neuestem lebt hier gegenüber von Frau Wirtins Pension ein Hahn* mit seinem Hühnerhaufen. Es gefällt dem Gockel, schon vor vier Uhr früh die zu dieser Zeit ganz sicher nicht sichtbare und, wenn man es ganz genau nimmt (und das tue ich um diese Zeit), noch nicht einmal recht erahnbare Sonne mit lautstarkem begeisterten Heisergekrähe zu begrüßen.

Habe anschließend viel Zeit, nachzudenken. Was, wenn Herr Hahn gar kein schlechter wäre? Was, wenn sein Krähen eine verzweifelte Anstrengung ist, dem Tag ein paar Minuten hinzuzufügen? Was, wenn er gleich mir eines nicht abkann? Den bösen kalten Winter nämlich, auf den wir uns seit gestern mit Riesenschritten schon wieder zu bewegen? Aber warum, oh Tier, so dermaßen laut zu so dermaßen früher Stunde? Hmmmm?

Man weiß es nicht. Ich komme zu keinem abschließenden Ergebnis und nochmal rumdrehen geht nicht. Es ist die Zeit, dem jungen Tag jetzt auch selbst ins Gesicht sehen.

* Sie habe, versichert die Frau Wirtin, schon bei der Verwaltung angerufen. Man könne da nichts machen, habe man ihr gesagt. Man lebe hier in so einer “Mischzone” und die Anwesenheit des Lärmtiers sei rechtens. Sie phantasiere allerdings inzwischen von nächtlichen Halsumdreh-Exkursionen aufs Nachbargrundstück.

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