Gestern in der ARD: Tatort Hessen – “Falscher Hase”

Titel, Ambiente, Wortwitz, Sauwetter, schräge Dialoge, Tragikkomik – man wähnt sich im Weimar der Tschirner/Ulmen-Tatorte. Ist dann aber doch nur das triste Frankfurter Umland, das sämtliche Innenarchitekten seit den Achtzigern fluchtartig ver- und fürderhin sich selbst überlassen haben.

Die Geschichte ist nichts besonderes: verzweifelte Menschen täuschen ein Verbrechen vor, Schmalspurschurken versuchen sich an der Erpressung der Laienverbrecher und werden ihrerseits von den ganz großen Gangstern vorgeführt und die Polizei guckt ratlos zu.

Dennoch sind Buch und Regie von Emily Atef ausgesprochen komisch, die Besetzung grandios. Sie alle scheinen einen Riesenspaß dabei gehabt zu haben, ihre seltsamen Charaktere zu spielen. Allen voran Katharina Marie Schubert, deren scharfschießende (Ooops, I did it again) Biggi zum Niederknien ist. Überhaupt, die Frauenrollen. Ob die Neuwitwe in Beige (Judith Engel), die in ihrer beigen Wohnung ihre beige Ehe Revue passieren läßt oder die männerfressende Gangstergattin im Pelz (Johanna Wokalek) oder die Kommissarin (Margarita Broich), die sich den Avancen des sehr klein geratenen Staatsanwalts ausgesetzt sieht. Eine jede ein Genuß. Aber ich will nicht diskriminieren: die Männer sind nicht weniger komisch. Pars pro toto Ronald Kukulies, der einen wunderbar in Wolliges gepackten Nerd spielt, dessen Vorstellung vom guten Leben in einem vollen Kühlschrank und seinem Flugsimulator besteht, auf dem er die Strecke New York-Frankfurt fliegt. In Echtzeit.

Frau Atef zitiert sich hemmungslos durch die Filmgeschichte (Taxi Driver, Fargo), kann sehr albern, aber manchmal auch so fein und herzberührend, dass es schier wehtut. (Es gibt eine Szene, in der sich Biggi am Krankenbett die Hand ihres Hajo vom Kommissar zurückerobert – schöner gehts nicht.)

Der Tatort dürfte noch eine Weile in der Mediathek sein und sollte angesehen werden.

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