Achtung, Spoiler.
Sommerreife Felder im frühen Morgenlicht, ein Jäger mit Hund nimmt einen Wolf ins Visier. Er schießt. Daneben. Der Wolf entkommt. (Merken, das wird wichtig.) Später findet er auf einer Lichtung ein Auto mit einem Kofferraum voll Blut. Das Blut gehört Jurij Rehberg (Tambet Tuisk). Aber wo ist die Leiche abgeblieben?
Das Ermittlerpaar (Claudia Michelsen, Matthias Matschke) ermittelt an der kopfsteingepflasterten Dorfhauptstraße lang. Beim Bäcker (Christian Beermann) und seiner Frau (Katrin Wichmann). Und der Bäckersmutter (Jutta Wachowiak). Beim Automechaniker (Tom Keune) und seiner Frau, der Physiotherapeutin (Angela Scherz). Beim bösen alten Patriarchen (Hans Uwe Bauer) mit der blondgelockten von Jurij unehelich schwangeren Simpeltochter (Katharina Heyer). Und bei der bösen Hexe, ah, sorry, dem Dorn im Fleisch der Dorfgemeinschaft, der Single-Frau mittleren Alters, mit fetten Haaren, fetter Brille, fettem Bauch und einem Haus voller Home-Shopping-Kanal-Puppen (mit Mut zur Häßlichkeit: Tilla Kratochwil).
Sie alle hätten ein Motiv: sie alle wollen dem magischen Charme des nunmehr Toten erlegen sein und gaben ihm Geld und Gold, Tugend und Bäckerei. Doch was man von Tambet Tuisk in den Rückblenden zu sehen kriegt, kann beim allerbesten Willen nicht von dem Zauber der Figur überzeugen. Für meine Wahrnehmung reichte der gerade zum schmierigen Trickbetrüger und hätte von mir niemals nie nicht Leib, Seele oder Bankguthaben bekommen. Nicht mal ein Wurstbrot. Aber gut, das Drehbuch (Katrin Bühlig) sahs anders vor. Drum quälen sich Schauspieler und Zuschauer über die volle Distanz von eineinhalb Stunden Fernsehkrimi, obwohl schon nach der Hälfte die Luft raus ist. Dass man dann noch ein Tableau mit allen (in guter alter Poirot-Tradition, der seine Verdächtigen zur Enthüllung der Auflösung im Kaminzimmer um sich schart) sowie ein Last-Minute-Kombinier-Getue (“Ja wo ist sie denn nun, die Leiche?” “Sie wird doch nicht am Ende gut sichtbar in dem Faß gewesen sein, das während des großen Polizeieinsatzes zur Biogasanlage gefahren wurde?” “Uiuiui – das isses!”) aufpfropft? Geschenkt. War eh schon egal.
Ich habe das ja immer gar nicht gern, wenn eigentlich gute Ideen schlecht umgesetzt werden. Diese Produktion bekommt in dieser Sparte leider die volle Punktzahl. Meine Herren, dann doch lieber Sommerpause. Über den Titel mag ich erst gar nichts sagen. Wie phantasielos gehts denn noch?
Übrigens, haben sich alle die Sache mit dem Wolf oben gemerkt? Gut: In der letzten Einstellung jagt der Jäger ihn wieder, den Fremdling in den Wäldern, der friedliche Schäfchen reißt. So wie der Kaliningrader Jurij im Dorf. Mann, ey! Das also war des Wolfes Kern. Eine Parabel! Holla!