Theatersommer 2019, die dritte und letzte – 1. Teil

Vom Spessarter Wirtshaus in Niederbayern führte mich meine Theaterpilgerreise über die französische Revolution in Österreich zum Grand Hotel Buda… (ja, nix da), zum Grand Hotel Tschumpus im herrlich sommerlichen Brixen. Obwohl wir in diesem Jahr eine Individualreise unternommen hatten (danke übrigens meinen Begleitern für die Gesellschaft und fürs Fahren und überhaupt!), kann man der Frau Rothmüller von Rothmüller-Reisen gar nichts nachsagen. Die sucht ihre Zuschauer einfach in den Gartenrestaurants der Stadt und führt persönlich ein in die Südtiroler Spezifika. Danach bekommt man ein Brevier ausgehändigt, zum Wiederholen und Merken. Und darum wußten wir auch, warum die Einheimischen recht lachen, wenn das Hotel “My Arbor”*, bildschön oberhalb Brixens gelegen und mit großzügigen Geldzuwendungen der Kurie erbaut, erwähnt wird. Und die “Dolomitottenpost” sowie das Gemälde vom “Mann mit zwei Äpfeln”. Ganz neu war mir, dass der italienische Gesetzgeber sich ein eigenes “Stand your Ground”-Gesetz geschaffen hat, nämlich die “Leggitima Difesa”, die die Verteidigung des Eigenheims mit einer Schußwaffe zu einer grundsätzlich legitimen Handlung erklärt. Zwischen uns besteht noch Uneinigkeit, ob sich das auch auf Etagenmietwohnungen erstreckt.

So. Fühlen sich alle gut eingewiesen und vorbereitet? Ja? Dann kann es losgehen. Mit einem wunderbaren volltönenden Jodler, vom ganzen Ensemble vorgetragen – dabei hats mich schon das erste Mal weggebeamt. Wie ungeheuer schön! Das Bühnenbild? Lauter Koffer, wie’s einem Hotel gebührt. Koffer, aus denen die Rezeption und ein Kranz bunter Fähnchen aus aller Welt wachsen, die im Abendwind flattern. Internationales Publikum, das nach den schnellsten Kostümwechseln** der Welt anreist, empfangen von Monsieur Gustavo (Peter Schorn, hach!), dem Godfather aller Concierges, der im feuerroten Schwalbenschwanzfrack mit seiner Gustavo-Gymnastik zur Melodie von “Puttin’ on the Ritz” die Gäste charmiert. Und die Gästinnen erst!

Dann kommt die süße Zuckerbäckerin (Viktoria Obermarzoner, hach!), die bald mit dem herrlich naiven Bobby (Gianluca Iocolano, hach!) ein Paar bilden wird. Doch zuvor eine Stummfilmszene und der erste Bühnenumbau. Mit Rollkoffern, was sonst? Überhaupt, die Umbauszenen. Ich habe eine jede sehr sehr gemocht – von mir aus dürfen es in der nächsten Produktion noch mehr sein…

Inzwischen ist eine der von Gustavo so überaus liebevoll betreuten Gästinnen dahingeschieden und ihre Töchter (Viktoria Obermarzoner, Miriam Kaser, hach!) und deren Kusine (Ingrid M. Lechner, hach!) gar nicht glücklich über das Testament der alten Dame, das dem guten Gustavo seine Dienste großzügig entgilt und ihnen nichts übrig läßt. Da muß die Kusine Vandetta (Ingrid M. Lechner) in Nachtschwarz gleich ein ganz ganz böses Lied singen. Oben am Himmel läßt die Regisseurin derweil dazu drei Fledermäuse durchs Bild flattern. Hut ab, das kann nicht jede!

Die bösen Weiber haben den guten Gustavo inzwischen in den Knast (Tschumpus, halloho!) intrigiert, wo ein dumpf-bösartigen Wächter (Georg Kaser, hach!) auf ihn aufpaßt. Aber Rettung naht. Weil doch Bobby und die Zuckerbäckerin inzwischen zusammengefunden haben, backt sie eine vielmannsgroße Torte und befreit ihre Buben. Vor der Laterne (allein wie die auf die Bühne kommt, also die Laterne, ist eine herrliche Lachnummer) singt Lilli Marleen (Alex Liegl, hach!), vor der Bühne und um die Zuschauer herum tobt eine wilde Fahrradhatz und was dem einen seine Brieftaube ist, ist dem anderen seine Drohne und in den Käfig kommt sie sowieso und dann ist der erste Teil aus und ich brauche bei all dem Tempo erst einmal noch einen guten Wein vom Manni Nössing. Huiuiui. Damit ich’s nicht vergesse, erwähne ich noch die Musiker, ohne die sehr was fehlen würde (Markus Doggi Dorfmann, Gitarre, Banjo, Gesang; Ingo Ramoser, Keyboard; Matthias Baumann, Schlagzeug, Tuba) und dann muss ich für heute leider unterbrechen. Die Dörther Tage sind lang. Fangen viel zu früh an und ziehen sich elendiglich. Jetzt schlafe ich erst mal und morgen Abend erzähle ich euch im zweiten Teil vom zweiten Teil und den dunklen Zeiten, die über das Grand Hotel und die Welt anbrechen.

* Das “My Arbor” hat unseren “Elephanten” als erstes Haus am Platze abgelöst. Das hätten wir angesichts der vorbildlichen Gastlichkeit dort gar nicht gemerkt, wenn wirs nicht im Brevier gelesen und im Theater gesagt bekommen hätten.

** Man möge sich von der Regisseurin erzählen lassen, wie in unter 40 Sekunden aus einem Offizier eine russische Oligarchin (nix Nichte, the full monty!) wird. Seidenstrümpfe unter der Uniform spielen dabei eine wichtige Rolle.

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