So muß es sich anfühlen, wenn man gerade vom Zug überfahren wurde. Während man noch ungläubig an sich herunterklopft, tatsächlich, alle Gliedmaßen noch dran, rast der Puls und der Blutdruck tobt in ungeahnten Höhen. So hoch, dass die Frau Doktor fragen würde, ob denn in letzter Zeit etwas Außergewöhnliches… “Nein, nein”, würde man antworten. “Ich lese nur gerade ein Buch.”
Lisa McInernery bevölkert mit ihrem Mikrokosmos an einfühlsam und sehr klar gezeichneten Figuren die von wirtschaftlichem Abschwung gezeichnete irische Stadt Cork. Ein jeder kämpft an sich dauernd verschiebenden Frontlinien, ein jeder trägt an einer Last, alles hat seinen Preis. Über allem und allen liegt der schwere schwarze Schatten der Sünden der katholischen Kirche. Klingt deprimierend? Ist es aber nicht. Sie schreibt unwahrscheinlich komisch, liebt jede ihrer Figuren in ihrem tragischen Scheitern und besticht mit Metaphern, die vorher noch niemandem eingefallen sind. Was für eine Sprache! Was für eine Poesie! Was für ein Tempo! Was für ein Talent!
Die Glorreiche Ketzereien (Titel der deutschen Übersetzung) sind ihr Debüt. Ihr letztes Jahr erschienener zweiter Roman The Blood Miracles scheint sich daran messen zu können, denn dafür wurde ihr im letzten Sommer der Encore Award für den ‘Besten zweiten Roman’ verliehen. Steht schon auf meiner Leseliste.
Alle anderen: den Erstling lesen! Lesen! Lesen!