It pours, man it pours

Mann, hat das heute geschüttet! Das ist wohl, was man unter sintflutartigen Regenfällen versteht. Ich muss morgen in den Garten gehen und überlegen, welcher Baum zu fällen sei, um mit dem Bau meiner Arche zu beginnen. Carmen von nebenan hat mir erklärt, dass hier unter jedem Haus eine Pumpe sei, die man bei Regen dieser Art in Betrieb nehmen müsse. Es hat irgendwie mit dem Grundwasserspiegel und der Bauweise der Häuser zu tun (hab  ich nicht genau verstanden). Pumpe man nicht in die Kanalisation, würden Garten und backyard geflutet. Das muss ich mir von Bob bald erklären lassen, die Information fehlte bei der Anmietung.

Den Wassermassen trotzend, sind wir nach Fairfax aufgebrochen um dort Veronica zu treffen, eine Maklerin wie aus dem Bilderbuch (mittleren Alters, sehr gepflegt, hohe Hacken). Veronica ist mit der Vermietung der Oakpark Appartments betraut und Toni hatte einen Besichtigungstermin mit ihr vereinbart. Die Straßen (selbst in der Stadt) haben viele Schlaglöcher und erst, wenn man durchfährt, weiß man, wie tief – man geht offensichtlich in Kalifornien davon aus, dass die paar Tage Regen im Jahr ebenen Straßenbau nicht lohnen und es vollkommen reicht, ein Blinkeschild an den Straßenrand zu postieren. Das sagt dann “Caution: Roadway is slippery”. Eine heftige Untertreibung – man schwimmt dahin und wünscht sich, Priüsse würden serienmäßig als Amphibienfahrzeuge produziert. Ich war so froh, dass ich nicht fahren musste. Trotz Scheibenwischern auf Höchststufe gab es manchmal vor lauter Wassergüssen von oben, unten und den Nebenfahrzeugen überhaupt keine Sicht. Dieses Mal war die Unterbodenversicherung im Versicherungspaket inklusive, wir haben sie zwar nicht gebraucht, aber es war beruhigend, darum zu wissen. Ich habe zum ersten Mal die Golden Gate Bridge im Nebel (und Regen) gesehen – schon verrückt, wenn man weiß, dass es noch einen nächsten Brückenpfeiler gibt/geben sollte und ihn erst erkennt, wenn man direkt drunter ist.

TomTom hat uns geleitet (noch mal vielen Dank dafür), es ging in Richtung Eureka (!), und wir kamen, leicht verspätet, heil in Fairfax an. Veronica war eher verblüfft, dass wir gekommen sind (sie hätte bei dem Sauwetter an unserer Stelle den Termin platzen lassen). Sie hat zwei Wohungen gezeigt und wurde leicht ungehalten, als Toni auch noch die dritte sehen wollte, denn das hieß: nochmal durch den Regen und die tiefen Pfützen auf dem Parkplatz.

Ich war inzwischen bis auf die Haut durchnäßt und entsprechend unleidig. Also haben wir uns erst mal einen Coffee Shop gesucht, etwas Heißes getrunken und dabei ein Konzert zweier Damen angehört, die die Dixie Chicks coverten. Wieder etwas aufgewärmter sahen wir uns kurz Fairfax an, aber nasse Sädte haben einfach keinen großen Reiz. Wurscht, ob Paris oder Fairfax. Doch es gab einen Schnapsladen und die verkauften Wein ohne ID. Urteil revidiert: Doch ein nettes Städtchen.

Weiter gings – wir haben TomTom gebeten, eine landschaftlich schöne Route zu suchen und sind auf dem Highway Number One gen Mill Valley aufgebrochen. Eine herrliche Strecke, durch Hügel und Wälder – wie schön muß das erst sein, wenn die Sonne scheint! In Mill Valley hätte es noch eine Wohnoption gegeben, zwar ohne Termin, aber mit “vielleicht mal über den Zaun gucken”.  Es hat so sehr geschüttet, dass wir uns eigentlich nur den Zaun angesehen haben – das Haus lag aber auch in einer Gegend, in der man nicht tot über diesem oder einem anderen Zaun hängen möchte. Nichts, außer einem Seven/Eleven und einer Video-Production-Company, die anmutete wie der Original-Drehort von “8 MM”. Ich glaube, da zieht er nicht hin.

Über die Richmond-San Rafael-Bridge haben wir uns auf den Heimweg gemacht. Rechts und Links der Pazifik in Matschegrau, über uns der wolkenschwere Himmel, gleicher Farbton, und überall nur Wasser. Mann, war das ekelig. Hätte ich nicht noch vorausschauend eine trockene Fließjacke im Auto gehabt, möchte ich mir meine miese Laune (kalt, naß, hungrig) gar nicht ausmalen müssen. Sofern es Landschaft gab, war sie naß, überall, von den Hügeln, den Häuserwänden, den Fahrbahnrändern mutieren Rinnsale zu reißenden Strömen – und das hatte Carmen morgens noch “light rain” genannt. Ich bin ja mal gespannt. Auf dem Einkaufszettel stehen seitdem: Gummistiefel, Südwester mit Nackenschutz und eine lange Regenjacke mit herausknöpfbarem Futter.

Das Haus scheint fürs erste wasserdicht zu sein. Immerhin.

Am Abend hatten wir viel Spaß dabei, TomTom zu programmieren. Die Standardstimmen, “Werner” und “Lisa”, sind grauselig. Ich favorisiere sehr “Abduls” Ansagen, könnte mich aber auch mit “Richard” anfreunden (very British), Toni hat sich bereits für “die kleine Französin” entschieden. TomTom ist auf jeden Fall im Vergleich zu Shirley eine ungeheure Steigerung und wesentlich mehr willens, zu tun, was ein Navigationsgerät tun soll. Und nicht einzuschnappen und schmollend zu schweigen. Das Kartenmaterial ist auf dem neuesten Stand; Jürgen kann also am Freitag kommen und Kalifornien entdecken. Ich bin gespannt, was der Zoll zu den paar Pfund Pfefferminzteebeuteln in seinem Gepäck sagen wird. Die hatte ich mir sehr gewünscht, der hiesige schmeckt nämlich nach Spearmint und damit nach Raumspray oder Klosteinen.

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