Nimmer ganz neu im Kino: Kingsman – The Golden Circle

Die Kingsmen sind die Most British Agents seit Roger Moores James Bond, Anzüge und Schuhe in der Savile Row maßgeschneidert, gouvernantengedrillt in Manieren und Tischsitten, die Codenamen (Galahed, Lancelot etc.) von den Rittern der Arthur’schen Tafelrunde entlehnt, mit Waffen sowie anderen Gadgets vom schottischen Gottvater aller Qs (Codename: Merlin) ausgestattet und mit dem schwarzem Humor vieler Jahre sehr splendid isolation.

Achtung: Spoiler!

Nach Samuel L. Jackson im ersten Teil ist der Gegenspieler der arg reduzierten Kingsmen-Mannschaft dieses Mal Julianne Moore, der Welt führende Drogenproduzentin, die sich in ihrem geheimen Hauptquartier im Dschungel einen 50er-Jahre Vergnügungspark namens Poppy-Land eingerichet hat (Gratulation an die Ausstatter des Films) und mit einem ganz bösen Schurkenplan (“Legalisiert alle Drogen. Sonst sterben alle Menschen, die aktuell welche genommen haben, einen furchtbaren Tod.”) endlich ihre rechtmäßige Führungsrolle unter den Industriemagnaten der Welt einnehmen will. Poppy hat die Rechnung aber ohne die Zusammenarbeit der Kingsmen mit den “Statesmen” (sic!) gemacht, der kolonialen Schwesterorganisation in Kentucky, USA, deren Mitglieder so klangvolle Namen tragen wie “Champ” (steht – natürlich – für “Champagne” und wird gewohnt dudig gegeben von Jeff Bridges), Tequila (der schöne Channing Tatum), Jack Daniels, Codename: na? Na was wohl? Genau. Codename: “Whiskey” (Pedro Pascal) sowie deren einzige Kollegin “Ginger Ale” (Halle Berry, aber mit Brille und Laborkittel, damit keiner merkt, dass sie eigentlich eine gutaussehende Frau ist). In der traditionellen Deep-South-Distillery-Agentenwelt taugen (noch dazu schwarze) Frauen, auch wenn sie mehr technische Begabung und Ausbildung haben als alle männlichen Kollegen zuammen, halt mal nur zum alkoholfreien Whiskeyverdünner. Sorry, Honey.

Und so schlagen sich Amerikaner und Briten in einem lustigen Feuerwerk von Klischees* gemeinsam durch Gladstonbury (Festival, junge Menschen, Drogen), schneebedeckte italienische Gebirge (Gipfelfestung, Gondeln, G’führiger Schnee, juhee!) und schließlich zum Show-Down im erstaunlich Lara-Croft-freien kambodschanischen Tempeldschungel. In der Nebenhandlung entpuppt sich der amerikanische Präsident als ganz grausam bigotter engstirniger Hinterwäldler, der nur zum Schein mit Poppy verhandelt, weil die Menschen, die gerade weltweit an Poppys Drogen verrecken, selbst schuld sind. Sie hätten ja auch, Grüße an dieser Stelle von Nancy Reagan, einfach “No” sagen können. (Die Internierungslager in den großen Sportarenen Amerikas sind dem Ausstattungsteam übrigens sehr bedrückend gelungen. Kompliment!) Dann darf die Pyrotechnik ran und um sowas von kurz vor Zwölf gewinnen die Guten. Anschließend Hochzeit mit der Prinzessin.

Jau. Alles. Kitsch. Klischee. Keine Figur entwickelt sich (braucht sie auch nicht, gibt ja nur gut oder böse), überraschende Wendungen sind von gaaaanz langer Hand vorbereitet und tun keinem mehr weh, wenn sie denn kommen. Kingsmen ist einfaches simples Popcornkino und will nur unterhalten. Und das tut es. Genau wie Bond. Kinogehen muß nicht sein. Das ist so ein richtig guter Film für Schlechtwetter und Chips aufm Sofa.

 

* Die Klischees zähle ich jetzt nicht einzeln auf, das würde zu weit führen. Nur mal so als Beispiel: Ami = Peitsche, Kautabak, Oberlippenbart. Reicht, oder? Den Rest bitte selbst erspielen.

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