Achtung: Spoiler!
Seit Catnip Everdeen müssen alle jugendlichen Heldinnen so sein. So wahnsinnig selbstbewußt & frech und gescheit & mutig und witzig & wehrhaft und, ganz wichtig, raushängen lassen, dass sie besser sind als die gleichaltrigen Helden. Die hier (Cara Delevingne) sieht dann auch noch aus wie der lang vermißte Zwilling von Hermione Granger und man erwartet eigentlich ständig, dass demnächst Harry um die Ecke kommt. Oder wenigstens Ron. Es ist aber nur der jugendliche Held und Major Valerian (Dane DeHaan), ein Milchgesicht mit einem Rest Babyspeck, dabei natürlich Special Ops- und Frauenheld mit einer langen Latte (er nennt es “playlist”) von Eroberungen (zumindest bis jetzt) und außerdem ihr kommandierender Offizier – so ganz mit allen Traditionen bricht auch die ferne Zukunft dann doch nicht.
Wir haben ja schon die eine oder andere Space Opera gesehen und kennen das Genre und weil wir (das ist ein “Royal We”, ganz recht) Luc Besson (wg. Léon und Leeloo) grundsätzlich wohlwollend gegenüberstehen, nennen wir die alten Bekannten “Zitate”. Jabba The Hutt, Verfolgungsjagden in der Wüste, Stormtrooper (in elegantem Schwarz und mit eher länglichen Helmen, das ist woanders geklaut), eine Art Lt. Uhura, die für das Phänomen steht, dass irgendwer mit dem Computer spricht und dessen Botschaften laut aufsagt, Jar Jar Binks (in klein, aber dafür im Dreierpack und genauso geschwätzig), Raumschlachten, ein wahnsinnig edler indigener Stamm, der genauso im Einklang mit seiner Umgebung und seiner Natur lebt, wie die Na´vi auf Camerons Pandora und drum auch aussieht wie bläuliche Massai und so weiter und so fort. Darüber hinaus: an ihrer Macht klebende Alte Weiße Männer. Die sind kein Zitat. Die sind das realistische Element. Auch im 28. Jahrhundert. Damnit!
Besson erfindet ganz wunderbare Dinge, wie zum Beispiel den Vater, die Mutter, ach was, mindestens die Großeltern aller Basare auf dem alle Welt und Welten auf unzähligen Ebenen Ware feilbietet, feilscht und wuselt. Man kann den Markt fast riechen, obwohl er selbst im Film eine Virtual Reality ist. Oder das geradezu galaktische (das doppeldeutige Adjektiv konnte ich mir nicht verkneifen) Vergnügungsviertel, ein Rausch von Farben und Bildern. Gar nicht zu sprechen von Alpha, der Raumstation auf ihrer Reise durch die Schwerelosigkeit, auf der Dependancen der titelgebenden 1000 Welten angesiedelt sind und die aussieht wie ein überdimensionales Wolleknäuel mit Blinkerbeleuchtung, mit dem sich ein ganzer Wurf junger (und ebenso überdimensionaler) Katzen sehr lange sehr vergnügt hat.
(Hierzu meine Dauerfrage: warum gibt es im Deutschen kein Äquivalent zu “kitten”? Hunde haben doch auch Welpen, warum fehlt für Katzenjunge eine entsprechende Bezeichnung und wie würde sie sein, wenn es sie gäbe? s.u.*)
So viele so schöne Versatzstücke, allein, das mit der Rahmenhandlung, das müssen wir noch einmal üben, Monsieur Besson. Das bißchen Sieflirten, Siestreitensich, Siekriegensichdoch reicht nicht. Und dass Sie Ihren eigenen Bildern nicht trauen und sicherheitshalber alles noch einmal erklären, was Sie gerade zeigen, das ist schade. Oder unterschätzen Sie die Intelligenz Ihres Publikums? Dann ist es frech. Das konnten Sie schon besser. Leisten Sie sich doch das nächste Mal wieder jemanden, der Ihnen ab und zu widerspricht und Längen rausschneidet, dann wird das schon.
Christophs Kurzkritik, nachdem er einen (1) Trailer und bevor er den Film gesehen hatte, zeugt von seinen seherischen Fähigkeiten: “bum bum bum, woosh, bum bum, dummer spruch”.
Man muß für Valerian nicht eigens ins Kino. Ich werde mir aber die Comics besorgen und berichten.
* Gut, da haben Google und ich einander mißverstanden, aber das Resultat ist trotzdem sehr witzig: