Die Zugfahrt von München nach Brixen dauert grade mal gute drei Stunden und während man auf den klugerweise vorreservierten Plätzen so aus dem Fenster träumt, passiert der Zug dabei so lustige Stationen wie Würgl (doch, genauso hat’s der Lokführer ausgesprochen, und der muß es schließlich wissen) oder Plakate, auf denen jemand prahlt, er habe auch nach 127 Jahre noch immer alle eigenen Zähne*, beobachtet an den Mitreisenden, dass der dernier cri dieses Sommers mit Ananassen bedruckte Oberteile zu sein scheint, wundert sich in Innsbruck kurz, dass ein Stand Kebab Pizza Wurst Elfi anbietet und dann ist Franzensfeste, wo man nicht zum letzten Mal auf dieser Reise denkt, dass italienisch (Fortezza) einfach viel hübscher klingt und an der nächsten Station sind wir auch schon in Bressanone (Brixen) und steigen aus.
Es ist ein brühheißer Samstagmittag. Unser Hotel Elephant liegt am anderen Ende der Altstadt, wo alles schläft. Die “mondo delle candele”** schläft. Der Beauty Salon schläft. Dass im Esoterikladen daneben je was los war, sieht man nur an den Spuren, die das Pendel im darunter aufgestellten Sandteller hinterlassen hat. Alles ruht, zum Glück wacht der Koch in einem kleinen Restaurant am Weg, wo man uns eine Auswahl leckerer Knödel reicht und dann ist es auch nicht mehr sehr weit, man kann den Elefanten auf dem Dach schon sehen. Gschamster Diener, der dortige Rezeptionist, kriegt sich vor lauter Freude über unsere Ankunft gar nicht ein, heischt untertänigst um Papiere, katzbuckelt die Schlüssel heraus und kriegt einen zweiten Euphorieanfall, als wir drei Minuten später wieder unten stehen, um uns zu beschweren. Kein Doppelbett? Kein Problem. Dann bekommen wir eben zwei nebeneinanderliegende Einzelzimmer, auf Wunsch sperrt er auch die Verbindungstür auf – einfach alles, was uns glücklich macht. Geh du einfach zurück in deine Rezeption, uns macht jetzt der Aufenthalt im hoteleigenen wirklich wunderschönen Garten mit bequemen Liegen im Schatten am Pool glücklich. Und zwar so lange, bis wir zum Abendessen aufbrechen, wo wir den Finsterwirt links liegen lassen und stattdessen in einer lauschigen Weinlaube gut essen und den hiesigen Wein verkosten und nach gründlicher Untersuchung (“bringen Sie uns doch statt Dessert mehr Wein”) für recht ordentlich befinden.
Dann ist Theater. Es wird ebenfalls Wein gereicht. Das Wetter spielt ein paar Schabernäcke mit uns, aber immer, wenn sich jeder in seinen Regenumhang gewurschtelt und den hinteren Reihen mit dem Schirm die Sicht verstellt hat, hört es auch wieder auf und das anhaltende Wetterleuchten im Gebirge rundherum trägt, neben Kim Jong-uns Böllern, nur zur allgemeinen Unterhaltung bei. Auf dem Rückweg leuchtet uns Elephant von noch weiter weg heim.
Am nächsten Morgen schlemmen wir uns durch das allseits hochgelobte Frühstücksbüffet und weil der Gewitterregen in der Nacht, gefolgt vom stets eifrig plätschernden Brünnelein vor dem Fenster, mir eine sehr unruhige Nacht mit sehr wirren Träumen beschert hat, gehe ich nachschlafen und Christoph übernimmt die Verantwortung für das morgendliche Schwimmen. Danach bin ich wieder fit genug, um zum weiteren Faulenzen im Garten dazuzustoßen und dann checken wir bei Gschamster Diener aus und machen uns auf den Weg. Grobe Richtung: Bahnhof. Vorher noch was essen und vielleicht noch ein wenig durch den Hofgarten trödeln.
Das mit dem Hofgarten wird irgendwie nix, aber wir finden das neueste André-Heller-Projekt, ein Hanf-Labyrinth. Und kriegen uns schon nach der ersten Kurve nicht mehr ein:
Es dürfte sich um das meistfotografierte Verbotsschild in Südtirol handeln und ich würde mir wünschen, dass die Hanf-Labyrinth-Betreiber ganz bewußt ironisch waren. Ich glaubs aber nicht.
Über uns grollen Donner und zucken Blitze, manchmal fallen auch große Platsche-Tropfen, aber wir erreichen den Zug einigermaßen trocken und wohlbehalten und lassen uns sehr gemütlich heimfahren. Das Gewitter scheint mitgereist zu sein, in München rummst ein dicker Donner durch die Bahnhofshalle und eine wilde Bö wirbelt Papier und Röcke auf. Mir wurscht. Ich habe Hosen an und fahre U-Bahn und bis ich wieder an der Oberfläche ankomme, ist’s das mit dem Regen auch gewesen.
* Der Eigenzahnhaber stellt sich auf der Rückfahrt als die Achenseebahn heraus.
** Wie hübsch das Italienische erst wird, wenn frau es Schwäbisch ausspricht. Obwohl, die Freude schien nicht teilbar und ganz auf meiner Seite…