“paradies fluten” im Volkstheater

Die Regisseurin Jessica Glause scheint eine Vorliebe für dystopische Stoffe zu haben. Wo es im “Handbuch” (s. https://flockblog.de/?p=32376) noch ein Fünkchen Hoffnung gab, ist in dieser “verirrten sinfonie” nichts mehr davon zu spüren. Die Sonne wird verglühen (in ferner Zukunft zwar, aber dennoch…), die Erde ist dem Untergang geweiht und alles, was auf ihr kreucht und fleucht wird früher (erschreckend viele und vieles) oder später (der übrige Rest) auch verrecken und es ist gar nicht schön. Und war außerdem immer schon so.

Dass die Apokalypse dennoch unterhaltsam wird, ist viel dem sagenhaften Bühnenbild von Mai Gogishvili, den Kostümen von Aleksandra Pavlovic, dem Ensemble und natürlich der Regie geschuldet – und, eine Einzelnennung sei gestattet, Staycian Jackson, die mehr erotische Ausstrahlung im kleinen Finger hat, als ein ganzer Jahrgang des Playboy.

Für weitere Informationen empfehle ich einen Theaterbesuch sowie die Lektüre der nachfolgenden Regieanweisung des Autors Thomas Köck.

besetzung ad libitum

ich empfehle

ein erschöpftes tanzensemble

ein ertrinkendes symphonieorchester

zwei überlebende in klimakapseln postparzen nennen wir sie eine durchschnittliche weiße mitteleuropäische familienaufstellung der neunziger jahre als schreckgespenster

ein bühnenfüllendes schiffswrack

ein verlassenes paradies

mehrere alternativen (stumm)

unmögliche oder einfach schlecht erinnerte erinnerungen die die bühne nach und nach überfluten

die unsichtbare hand des marktes

im duell mit der unsichtbaren hand des autors

des weiteren gilt

regieanweisungen sind wie kriegsgeräusche zu lesen

tänzerinnen sind unbedingt eingeladen sich den text anzueignen

da viele tanzensembles mehrsprachig besetzt sind kann und soll der text gerne übersetzt werden auch falsch damit der text auch was davon hat gern auch simultan und von allen seiten

die erinnerungen die die bühne überfluten dürfen und sollen auch sehr gerne solche der schauspielerinnen tänzerinnen intendantinnen musikerinnen regisseurinnen etc sein wenn auf live-musik zurückgegriffen wird sollte diese derangiert werden nicht weichzeichnen ruhig grotesk und clownesk denken

also ein ensemble dem das wasser bis zum kopf steht beispielsweise mit muscheln in den trompeten

und sand der aus den cellobäuchen fließt

vielleicht auch einfach

das erste mitteleuropäische flüchtlingsorchester

oder

ein ensemble dessen mitglieder nach und nach deportiert oder erschossen werden und verschwinden während des abends und die verlassenen instrumente für eine andere zeit zurückbleiben

vielleicht liegen die instrumente auch zu beginn schon wie unverständliche artefakte und angespülter müll

einfach auf der bühne herum und während des stücks wird erfolglos versucht darauf musik zu machen

wenn nicht auf live-musik zurückgegriffen wird sollte zumindest eine cembalospielerin inklusive cembalo

anwesend sein die von zeit zu zeit ganz alleine immer wieder ihr verhasstestes orchesterwerk spielt

da das alles sicherlich sehr viel ist für einen abend

empfehle ich den text häufig nachzuspielen

es lohnt sich

ansonsten

viel spaß

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